Sehr geehrter Herr Präsident,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
der hier vorliegende Bericht des Verfassungsschutzes NRW bildet unter anderem die politisch motivierte Kriminalität in unserem Bundesland für das Jahr 2023 ab.
Im Phänomenbereich Rechtsextremismus gab es einen Anstieg um 2,8 % auf 3.549 Taten, davon 116 Gewaltdelikte. Zum Vergleich: In 2022 gab es 3.453
Taten, davon 117 Gewaltdelikte. Im Phänomenbereich Linksextremismus gab es einen Anstieg um 33,1 % auf 1.097 Taten sowie eine Vervierfachung der Gewaltdelikte auf 274.
Zum Vergleich: In 2022 gab es 824 Taten, davon 71 Gewaltdelikte.
Damit gibt es insgesamt gut 3 mal mehr Taten wie bspw. Propagandadelikte und Volksverhetzung im Bereich Rechtsextremismus als im Bereich Linksextremismus.
Allerdings ist die Anzahl der Gewaltdelikte im Bereich Linksextremismus mehr als doppelt so hoch wie im Bereich Rechtsextremismus.
Im Phänomenbereich Ausländische Ideologie wie z.B. türkischer Extremismus oder von palästinensischen Gruppierungen gibt es einen Anstieg von 3,75 % auf 829 Taten, davon 58
Gewaltdelikte. (2022: 792 (Gewalt: 92)). Im Phänomenbereich Religiöse Ideologie, also Islamismus und Salafismus einen Anstieg von sage und schreibe 408,3 % auf insgesamt 305 Taten,
davon 15 Gewaltdelikte (2022: 60 (Gewalt: 9)).
Dazu zählen sogar 2 Tötungsdelikte!
Die antisemitischen Straftaten sind von 331 auf 547 Taten angestiegen, was einer Zunahme von 65,3 % von 2022 auf 2023 entspricht. Darunter immerhin noch 13 Gewaltdelikte. Das ist ein trauriger Rekord
innerhalb der letzten 10 Jahre. Im Bereich der nicht zuordbaren politisch motivierten Kriminalität gibt es jedoch einen signifikanten Rückgang von 3.819 auf 1.816 Taten,
und von 107 auf 78 Gewaltdelikte. Hier ist also ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen.
Insgesamt gehen alle politisch motivierten Taten von 8.948 im Jahre 2022 auf nunmehr 7.596 im Jahre 2023 zurück. Das ist allerdings kein Grund zur Beruhigung, da
uns insbesondere die hohe Anzahl an rechtsextremen Taten, die hohe Anzahl an linksextremen Gewaltdelikten, die massive Steigerung des Antisemitismus und die Zunahme
beim Islamismus Sorgen machen und es darauf Antworten und Gegenmaßnahmen bedarf. Bevor jetzt die Opposition und insbesondere die Sozialdemokratie aufschreit und der erfolgreichen
Zukunftskoalition haltlose Vorwürfe macht:
Die Zehnjahreshöchststände beim Rechtsextremismus wurden im Jahre 2016 mit 4.700 Taten, davon 381 Gewaltdelikte erreicht.
Beim Linksextremismus waren es im Jahre 2015 insgesamt 2.148 Taten mit 401 Gewaltdelikten.
Das gilt auch für den auslandsbezogenen Extremismus mit 861 Taten, davon 205 Gewaltdelikte in 2016.
Alles unter Innenminister Ralf Jäger, alles unter Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, 2 x SPD!
Beim Antisemitismus und Islamismus haben wir einen Höchststand in 2023.
Das sticht schmerzhaft hervor, hat sicherlich mit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel zu tun, aber auch mit dem zunehmendem Einfluß des politischen Islams.
Dies muss uns Demokraten alle alarmieren. Hier gilt – wie übrigens bei allen Extremismusphänomenen – null Toleranz.
Die konsequente Null-Toleranz-Linie der Landesregierung und unseres Innenministers
Herbert Reul gilt gegen unpolitische, allgemeine Kriminalität wie auch gegen politische, ideologische und religiöse Kriminalität.
Das ist seit der sicherheitspolitischen Wende in 2017 in Nordrhein-Westfalen der Fall. Als Koalition haben wir verschiedene Maßnahmen zur Stärkung des Verfassungsschutzes NRW ergriffen:
Bspw.:
2017:
Die Landesregierung hat 115 zusätzliche Stellen im Verfassungsschutz geschaffen.
Die Aussteigerprogramme für Rechtsextremisten und Islamisten wurden personell aufgestockt.
Die Vorbereitungen zum Start eines weiteren Aussteigerprogramms für Szeneangehörige des Links- und auslandsbezogenen Extremismus wurde begonnen.
2018:
Aussteigerprogramm „Left“ für Linksextremismus und auslandsbezogenen Linksextremismus wurde gestartet. Ein Novum in der Landesgeschichte. Das gab es vorher
nicht. Von da an nicht mehr auf dem linken Auge blind.
2020:
im Haushalt 2020 zusätzliche 1 Mio. Euro für den Kampf gegen Rechtsextremismus eingestellt:
500.000 Euro für zusätzliches Personal bei der Polizei, unter anderem für ein ‚Gemeinsames
Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum‘, weitere 500.000 Euro, um die technischen
Möglichkeiten des Verfassungsschutzes zur Erhebung von Informationen aus verschiedensten virtuellen Datenquellen zu verbessern.
die Einrichtung des GTAZ NRW (Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum NRW) und des GETZ NRW (Gemeinsames Extremismus- und
Terrorismusabwehrzentrum NRW) zur weiteren Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen der Polizei und dem Verfassungsschutz auch
auf Landesebene (neben den Bundeszentren).
Erstes Corona-Lagebild bundesweit:
Sonderbericht zu Verschwörungsmythen und Corona-Leugnern.
Aussteigerprogramm „Wegweiser“ künftig für jedwede islamistische Gesinnung offen und nicht mehr nur für Salafisten; es richtet sich
auch an ausländische Extremisten wie etwa die Grauen Wölfe.
Wegweiser jetzt flächendeckend in ganz NRW aktiv.
2021:
Künftig gibt es einen eigenen Bereich beim Verfassungsschutz NRW, der sich mit operativen Einzelfällen mit Bezug zum
Rechtsextremismus und zum Rechtsterrorismus befasst, um rechtsextremistische Attentäter noch schneller und frühzeitig zu identifizieren.
2022:
Ein eigenes Kapitel zu Antisemitismus wird künftig fester Bestandteil des Verfassungsschutzberichts sein.
Das Aussteigerprogramm Islamismus durchlief eine wissenschaftliche Evaluation.
Der Rückkehrkoordinator (RKK) hat sich als wichtiger Akteur in NRW etabliert, unterstützte 2022 vor allem die Deradikalisierungsarbeit und
die (Re-)Integration der Rückkehrer (z.B. aus IS-Gebieten) in die deutsche Gesellschaft.
2023:
Erstmals gesondert „Tatmittel Internet“ im Verfassungsschutzbericht aufgeführt.
Neue Online-Komponente von „Wegweiser“ ermöglicht die anonyme und niedrigschwellige Kontaktaufnahme über ein integriertes Chatmodul auf der Webseite.
Evaluationen von „Wegweiser“ und des Aussteigerprogramms Islamismus mit sehr positiven Ergebnissen; beide Evaluationen geben Handlungsempfehlungen, deren
Umsetzung im Jahr 2023 für „Wegweiser“ und für alle drei Aussteigerprogramme des NRW-Verfassungsschutzes begann (rechts: „Spurwechsel“, links: „Left“)
Insgesamt haben wir von 2017 bis 2023 128 neue Stellen im Verfassungsschutz geschaffen.
Das ist ein enormer Zuwachs und unterstreicht unsere politische Arbeit und Schwerpunktsetzung in diesem wichtigen Bereich.
Meine Damen und Herren,
wie Sie sehen: Wir klagen nicht, wir handeln! Und das in jedem Jahr, seitdem wir regieren. Immer ein bißchen mehr und besser. Angepaßt auf die
Herausforderungen die uns als Politik und Gesellschaft gestellt werden. Wir nehmen alle Extremisten ernst. Egal von welcher Seite sie kommen.
Wir bekämpfen alle Extremisten, egal von welcher Seite sie kommen.
Jeder Extremist ist Mist – dieser Satz ist schon seit Jahrzehnten Kern von christdemokratischer Politik. Jetzt hat sich die FDP diesen Leitsatz von uns
abgeschaut und in ihren Antrag geschrieben. Denn alle Extremisten sind eine Gefahr für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, für
unsere Art zu leben, für unsere Werte und unser Land.
Der Verfassungsschutz NRW ist gut aufgestellt und leistet hervorragende Arbeit. Dafür sage ich im Namen unserer Fraktion ausdrücklich Danke!
Für die Zukunft brauchen wir allerdings noch mehr und bessere Instrumente. Wir müssen und werden
den Verfassungsschutz personell und materiell weiter gut ausstatten und stärken.
Ebenso wichtig ist aber auch die rechtliche Grundlage seiner Arbeit. Hier gibt es noch sehr viele
Möglichkeiten und Notwendigkeiten.
Insbesondere vor dem Hintergrund zunehmender ausländischer Spionage und Sabotage, Desinformation und Zersetzung (der ein oder andere
kennt diese Begriffe noch sehr gut aus dem kalten Krieg und der Blockkonfrontation) müssen wir mehr tun.
Die aktuellen Fälle russischer und chinesischer Spionageangriffe sprechen für sich.
Außerdem müssen wir auf Augenhöhe mit den Partnerdiensten unserer Verbündeten agieren.
Es ist nicht ausreichend, wenn wir Anschläge nur aufgrund der Hinweise ausländischer Nachrichtendienste aufklären und verhindern.
Hier müssen wir dringend selbst mehr Möglichkeiten bekommen. Diese Abhängigkeit ist zu gefährlich und kann schlimme Konsequenzen haben.
Unser Angebot an alle Demokraten lautet daher:
Lassen Sie uns gemeinsam die Feinde unserer Demokratie und unseres Rechtsstaates bekämpfen. Wir gehen diesen Weg jedenfalls konsequent und
entschlossen weiter.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Empfehlen Sie uns!