
Sehr geehrter Herr Präsident / Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr verehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrten Damen und Herren.
Ich freue mich, heute zum Antrag der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für die Fraktion der CDU Stellung nehmen zu dürfen. „Retro“ ist, mit meinen in nunmehr 50 Jahren gesammelten Erfahrungen, nicht immer negativ zu sehen.
Und nach der massiven Überregulierung von Rot/Grün im Hochschulbereich in den letzten Jahren und Jahrzehnten kann uns etwas „Retro“ gut tun, zumindest wenn wir damit zu mehr Freiheit für die Hochschulen zurückkehren.
Aber es geht, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, im Grundsatz nicht um eine „Retrodiskussion“, sondern um die Novellierung des Hochschulgesetzes. Wir, die NRW-Koalition werden dieses zukunftsfit machen.
Es ist eigentlich unstreitig, dass das geltende Hochschulrecht den aktuellen Entwicklungen und zukünftigen Herausforderungen längst nicht mehr gerecht wird!
Unser gemeinsames Ziel sollte daher die erforderliche Anpassung, die Weiterentwicklung und die Änderung des Hochschulgesetzes sein, das die gesetzlichen Rahmenbedingungen für ein qualitativ hochwertiges Studium festschreibt und die Regeln für die Exzellenz des Hochschulstandorts NRW sowie für die wissenschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten an Hochschulen in NRW festlegt.
Eine Weiterentwicklung des Hochschulgesetzes ist dringend notwendig:
- damit wir hervorragende Studienbedingungen,
- damit wir hochqualifizierte Studierende und hervorragendes
Lehrpersonal haben, und
- damit die Hochschulen in unserem Bundesland im nationalen
und internationalem Wettbewerb ganz vorne bestehen können.
Nordrhein-Westfalen hat eine hervorragende Hochschul- und Wissenschaftsstruktur! Mit über 67 Hochschulen und über 100 weiteren Forschungseinrichtungen sind wir das Wissenschaftsland in Deutschland!
Bei näherer Betrachtung, Analyse und Bewertung des Referentenentwurfs für die Reform des Hochschulgesetzes sowie unter Bezugnahme auf die vorab beschriebene Ausgangssituation wird deutlich, dass es sich keinesfalls um ein Retro-Hochschulgesetz handelt!
Genau das Gegenteil ist der Fall!
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie wissen, dass wir uns in einem sehr frühen Stadium im Gesetzgebungsverfahren befinden.
Die Verbändeanhörung ist noch nicht einmal abgeschlossen!
Der Gesetzesentwurf wird nach der Sommerpause im Fachausschuss und im Plenum beraten werden. Daher gibt es auch noch kein abschließendes Ergebnis, das hier in Bausch und Bogen Ihrerseits kritisiert werden könnte/sollte!
Sie positionieren sich mit der Kritik am vorliegenden Entwurf nicht nur zu früh, sondern führen Argumente für Detailregelungen auf, die nicht der Wahrheit entsprechen und eine Stimmung erzeugen, die schlichtweg nicht konstruktiv ist.
Unwahre Behauptungen, Argumente oder Interpretationen sind nie gut und manchmal ist „zu früh“ einfach auch nicht gut.
Die CDU-Landtagsfraktion begrüßt den Geist und den Tenor des vorliegenden Gesetzesentwurfes. Ich möchte Ihnen auch sagen, warum das so ist: Weil der vorliegende Referentenentwurf in die richtige Richtung weist und an den richtigen „Stellschrauben“ ansetzt.
Sie behaupten, die Landesregierung nehme die Interessen der Studierenden nicht ernst, sondern baue Demokratie und Mitbestimmung ab.
Dem ist nicht so – und das wissen Sie sehr genau! Doch schauen wir einmal auf die Details:
Die Gruppenparität beim Senat wird lediglich von einem Regel- auf ein Optionsmodell umgestellt.
Und der Hochschulrat, der bislang nur eine Stellungnahme-Befugnis hatte, soll sogar zukünftig ein Stellungnahme-Erfordernis erhalten!
Das ist von großer Bedeutung, da der Hochschulrat entscheidend zur Weiterentwicklung der Hochschule beiträgt.
Sie führen an, dass die Landesregierung sogenannte Anwesenheitspflichten (Sie sprechen hier von „Präsenzzwang“) einführen wolle und damit das selbstbestimmte Studium begrenze.
Nein, der Referentenentwurf stellt klar, dass die Einführung genereller Anwesenheitspflichten für Studierende an Lehrveranstaltungen grundsätzlich unzulässig ist.
Die Hochschulen sollen zukünftig lediglich das Recht erhalten, veranstaltungsbezogene Anwesenheitspflichten einzuführen. Jede Hochschule soll das in eigener Kompetenz, und zwar ob und wie sie diese Regelungen anwendet, beschließen können. Eine umfassende Anwesenheitspflicht für alle Typen von Lehrveranstaltungen soll es eben nicht geben.
Auch bezüglich der geplanten Einführung verbindlicher Studienverlaufsvereinbarungen - wird gemäß Referentenentwurf - kein Zwang ausgeübt werden.
Dieser Ausdruck wird von Ihnen in diesem Zusammenhang völlig zu Unrecht verwendet.
Vielmehr soll es sich bei den Studienverlaufsvereinbarungen um partnerschaftliche Vereinbarungen ohne Sanktionen handeln, Sie sollen den Studierenden aber zukünftig verstärkt als „persönliche Wegweiser“ über den Studienverlauf dienen.
Gleichzeitig ist ein Ausbau der Studienberatung und die Einführung von Assessments beabsichtigt, damit Probleme während des Studiums möglichst nicht entstehen oder aber frühzeitig erkannt und professionell gelöst werden können.
Unser gemeinsames Ziel sollte es sein, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Studierende an NRW-Hochschulen ihr Studium noch besser und erfolgreicher absolvieren und die hohe Zahl von Studienabbrecherinnen und Studienabbrechern reduziert wird!
In ihrem Antrag spricht die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Weiteren von einer beabsichtigten Abschaffung der Studienbeiräte.
Auch hier kann ich nur feststellen: dem ist nicht so!
Die Studierenden haben zukünftig im Fachbereichsrat über einen paritätisch - mit Lernenden und Lehrenden - besetzten Studienbeirat ein Mitspracherecht, wenn es um Fragen der Organisation ihres Studiums geht.
Dass den Studierenden zukünftig die Chance genommen werden soll, Einfluss auf die Gestaltung ihres Studienfachs zu nehmen, stimmt somit ebenso wenig.
Bitte erlauben Sie mir noch ein Wort zu dem Thema Studiengebühren. Dieses Thema scheint mir bisweilen die gesamte Diskussion um eine Reformierung des Hochschulgesetzes gleichsam zu „überstrahlen“.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition. Ich finde es nicht fair, wenn Sie weiterhin behaupten, die NRW-Koalition beabsichtige allgemeine Studiengebühren einzuführen.
Sie wenden sich gegen diese angeblichen Gebührenpläne und plädieren für eine allgemeine Studiengebühren-Freiheit. Dafür kann man sicher Applaus von einigen Seiten erwarten.
Sie verallgemeinern hier ganz bewusst, obwohl Sie genau wissen, dass es um keine allgemeinen Studiengebühren sondern „nur“ um etwaige Studienbeiträge für sogenannte „Drittstaatler“ geht, die zu einer besseren Finanzausstattung im Bereich der Lehre führen sollen.
Und Sie wissen auch, dass die Landesregierung zunächst die Auswertung der Ergebnisse der ähnlich gelagerten Beiträge in Baden-Württemberg abwarten wird, die wir uns sehr gut ansehen werden. Das Ergebnis und die hieraus abzuleitenden Konsequenzen stehen noch nicht fest.
Sie schüren hier unnötige Unsicherheiten bei Studierenden und Hochschulen!
Ich würde mich freuen, wenn Sie Ihre Energie verstärkt darauf verwenden daran mitzuarbeiten, dass wir eine gemeinsame, zukunftsgewandte Reform des Hochschulgesetzes auf die Beine stellen.
Eine Reform, die den Hochschulen und der Lehre wieder mehr Freiheit und Eigenverantwortlichkeit einräumt.
Eine Reform, die moderne Strukturen schafft, die den Kompromiss zwischen notwendiger Freiheit des individuellen Bildungsweges und der Notwendigkeit des Lehrens und der Lehrenden darstellen.
Ihr Antrag, den Referentenentwurf für eine Reform des Hochschulgesetzes zurück zu ziehen, ohne dass die Anhörungen hierzu beendet und die Diskussionen im Fachausschuss geführt sind und schon jetzt einen neuen Entwurf zu fordern, laufen deshalb zwangsweise ins Leere.
Die Anhörungen und Sitzungen des federführenden Wissenschaftsausschusses werden zeigen, ob die Abgeordneten der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weiterhin rückwärtsgewandte Regelungen, die man wohl eher als „Retro“ bezeichnen könnte, erhalten wollen.
Oder ob Sie eine zukunftsorientierte Novellierung des Hochschulgesetzes NRW unterstützen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Empfehlen Sie uns!