Heike Troles zu TOP 10: Null-Toleranz gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution

29.04.2021

Sehr geehrte(r) Herr/Frau Präsident(in),
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Menschen zur Arbeit zu zwingen und für sexuelle Dienstleistungen auszubeuten, das klingt nach einem Schicksal längst vergangener Zeit.
Doch leider ist dies keine Beschreibung der überwundenen Sklaverei, sondern bittere Realität.

Man muss es so hart formulieren wie es ist:
Menschenhandel, das ist moderne Sklaverei des 21. Jahrhundert!

Wir sagen daher nicht nur „Nein! zu Menschenhandel und Zwangsprostitution“, wir fordern auch mehr und wirksamere Instrumente!

Wir akzeptieren nicht, dass unzählige Frauen aus Not zur Ware für Menschenhändler und Freier werden.

Im Moment ist es leider so, dass für jede Frau, die durch eines der zahlreichen Beratungs- und Ausstiegsangebote wie beispielsweise „EXIT.NRW“ aus der Zwangsprostitution herausgeholt werden kann, eine neue Frau dort hinein gedrängt oder verschleppt wird.  

Diese Spirale des Leids müssen und wollen wir durchbrechen. Der rechtliche Rahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels, hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahren schon erheblich weiterentwickelt.

Unter dem eigenen Straftatbestand Zwangsprostitution konnten im Jahr 2019 bundesweit insgesamt 287 Ermittlungsverfahren polizeilich abgeschlossen werden. 88 davon in Nordrhein-Westfalen. Wie in vielen anderen Kriminalitätsbereichen auch, sehen wir aber immer nur das Hellfeld. Also das, was durch eine Anzeige oder eine eigene Ermittlung aufgedeckt werden konnte.

Und im Bereich des Menschenhandels zeigt sich, dass gerade die Kontaktaufnahme zwischen den Opfern und der Polizei eine ganz entscheidende Rolle spielt.

Hier sehen wir auch nochmal die Wichtigkeit der landesseitig geförderten Fachberatungsstellen. Wir erleben oft, dass Opfer sich nur in Begleitung von Mitarbeitern einer Fachberatungsstelle zur Anzeige entschließen.

Ich habe es zu Beginn schon gesagt:
Ein moderner und die Menschenrechte achtender Staat muss den Menschenhandel unterbinden.
Moderne Sklaverei kann und darf nicht stattfinden. Sie finden aber statt, weil die Mittel und Methoden der Menschenhändler unendlich scheinen.

Gerade das Armutsgefälle, insbesondere gegenüber den osteuropäischen Ländern Bulgarien und Rumänien, ermöglicht es den Tätern, immer wieder neue Frauen in die Zwangsprostitution zu versklaven. Es gibt zwar bereits viele wirksame strafrechtliche Instrumente gegen Menschenhandel. Aber wir sehen dennoch, dass diese nicht ausreichen oder nicht konsequent angewandt werden. Deshalb braucht es aus Sicht der NRW-Koalition weitere gebündelte Maßnahmen. Und das insbesondere auch auf Bundesebene.

Die Bundesregierung muss endlich einen nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Menschenhandel erstellen. Schweden, Irland und die Schweiz sind hier schon einen Schritt weiter. Seien Sei versichert, dass unsere Ministerin hier weiter Druck machen wird. Genau so braucht es eine nationale Berichterstatterstelle, um Informationen zu sinnvoll zu bündeln. Auch das wird seit Jahren gefordert. Ein ganz wichtiger Punkt ist es, dass Sicherheitsgefühl der Opfer zu stärken, um die Aussagebereitschaft zu steigern. Unsere Landesregierung ist hier bereits wichtige Schritte gegangen. Die Aufstockung der Finanzmittel für die Fachberatungsstellen war richtig.

Gleichermaßen ist die EXIT.NRW Kampagne ein wichtiger Faktor, um breit gestreut für die Schicksale der Zwangsprostitution zu sensibilisieren.

An unserer Position „Nein! zum Sexkaufverbot“ hat sich nichts geändert. Die Anhörung im Januar hat bestätigt, dass eine Verdrängung der Problematik in ein nicht erreichbares Dunkelfeld keine wirksame Methode gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution ist.

Und auch wenn es nur eine kleine Gruppe betrifft. Diejenigen, die diesem Beruf freiwillig nachgehen, würden wir um ihre Existenz bringen.

Damit ist für uns klar:
Prostitution einfach zu verbieten, taugt allenfalls als kurzfristige Abschreckungsmethode.

Menschenhandel und Zwangsprostitution müssen aber dauerhaft beendet werden. Um das möglichst wirksam zu erreichen, könnte man auch darüber nachdenken, ob und inwieweit es einer Bündelung von justiziellen Kompetenzen in einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft „Menschenhandel“ in Nordrhein-Westfalen bedarf.

Wir sehen, da gibt es noch viel zu tun!
Wir wollen weiter anpacken, um Opfer weiter zu stärken und Menschenhändlern das Handwerk zu legen.

Vielen Dank!