Heike Troles zu TOP 16 "Code Maske 19"

25.06.2020

Code „Maske 19“


Sehr geehrter Herr Präsident (Frau Präsidentin)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Häusliche Gewalt, das ist jede Form von Gewalt zwischen Menschen, die unter einem Dach zusammenleben oder in einer engen verwandtschaftlichen Beziehungen zueinander stehen.
Dazu gehört geschlagen werden durch den Ehepartner ebenso wie sexuelle Übergriffe gegen Kinder, verbale oder handgreifliche Attacken gegen ältere Familienmitglieder.

Häusliche Gewalt ist so vielfältig wie diejenigen, die sie treffen kann:
Ob Mädchen oder Frau, ob Junge oder Mann, ob jung oder alt.
Wenn man da, wo Liebe, Sicherheit und Verständnis normal sein sollten Gewalt erfährt, hat man Hilfe verdient.

Und auch wenn die allermeisten wissen, über was für ein Schutzgut wir hier sprechen, will ich eines betonen.
Häusliche Gewalt, insbesondere Gewalt gegen Frauen, ist eine Menschenrechtsverletzung.
Es handelt sich hier nicht um eine Kleinigkeit oder einen Ausrutscher, der mal passieren kann.
Nein, wir sprechen hier klipp und klar über eine Menschenrechtsverletzung.

Zur Wahrheit gehört dabei auch, dass Mädchen und Frauen leider besonders häufig von häuslicher Gewalt betroffen sind.
Die Zahlen beweisen das:
Im Jahr 2018 wurde in Deutschland – statistisch gesehen – alle drei Tage eine Frau von ihrem Partner bzw. Ex-partner getötet.
Um es uns vor Augen zu führen: Mittwochmorgen um 10 Uhr hat das Plenum hier begonnen.
Freitagabend endet es.
Bis dahin ist höchst wahrscheinlich wieder eine Frau als Opfer von häuslicher Gewalt gestorben.

Insgesamt gab es im Jahr 2018 114.00 Fälle von häuslicher Gewalt gegen Frauen. Für uns als NRW-Koalition ist klar: Jeder einzelne Fall, ist ein Fall zu viel.

Ich will hier aber auch deutlich machen, dass das Thema nicht erst seit Corona ganz oben auf unserer Agenda steht.
Die Landesregierung hat im Haushalt für 2020 vollkommen richtig den Schwerpunkt auf die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen gelegt.
24,5 Millionen Euro stehen dafür im Haushaltsjahr 2020 zur Verfügung.
Die Kontaktbeschränkungen, Kurzarbeit, finanzielle Sorgen und geringe bis gar keine Rückzugsmöglichkeiten haben in der Corona-Krise die häuslichen Stressfaktoren aber nochmal erhöht.

Die Landesregierung hat sofort reagiert.
1,5 Millionen Euro aus dem Rettungsschirm wurden unter anderem für die Arbeit von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen zur Verfügung gestellt.

Und obwohl sich die Zahlen in NRW in den letzten Monaten nicht erhöht haben, ist es geboten weitere Präventionsmaßnahmen gegen häusliche Gewalt zu schaffen.
Denn wir wissen: Häusliche Gewalt gibt es auch dann, wenn sie nicht angezeigt wird.

Gerade in der Sondersituation der Corona-Krise,
aber definitiv auch darüber hinaus,
müssen wir den Betroffenen deshalb die Möglichkeit geben, Hilfsprogramme so niederschwellig wie möglich in Anspruch nehmen zu können.
Wir müssen sicher stellen, dass in Zeiten von Kontaktbeschränkungen, von Kurzarbeit, von veränderten häuslichen Strukturen den von Gewalt betroffenen Menschen Hilfsangebote zur Verfügung stehen.
Bei unseren Nachbarn in Frankreich, Spanien und Belgien gibt es bereits alternative Möglichkeiten.

Mit der Nennung des Codeworts „Maske 19“ in Apotheken können Frauen dort auf ihre Notsituation aufmerksam machen.

Wir halten es für mehr als sinnvoll, auch hier in Nordrhein-Westfalen ein flächendeckend verbreitetes Codewort einzuführen.
Wenn von Gewalt betroffene Frauen das Codewort „Maske 19“ in Zukunft in Apotheken, bei Ärzten, bei Friseuren oder anderen Kontaktpersonen nennen, sollen Hilfemechanismen in Gang gesetzt werden, für die mehrsprachige und rechtssichere Handlungsempfehlungen erarbeitet werden müssen.

Mit einer ähnlichen Idee haben wir in Nordrhein-Westfalen bereits gute Erfahrungen gemacht.
Das Projekt „Ist Luisa hier?“ hat seit 2016 breite Zustimmung gewonnen, ist mittlerweile in mehr als 40 Kommunen aktiv und kann als Kampagnenvorlage dienen.


Nochmal abschließend: Es geht darum, dass wir uns bewusst machen was hinter verschlossenen Türen passieren kann.
Welches Ausmaß häusliche Gewalt annehmen kann, dass es sich dabei um eine Menschenrechtsverletzung handelt und wir alles erdenkliche Tun müssen, um Hilfsangebote so niederschwellig wie möglich zu gestalten.
Deswegen: Codewort „Maske 19“.

Wir freuen uns über Unterstützung und Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank.