
Sehr geehrte/r Herr Präsident/Frau Präsidentin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
wir beraten heute einen Gesetzentwurf, um unverzüglich den verfassungskonformen Zustand des Kommunalwahlgesetzes wieder herzustellen.
Notwendig ist dies aufgrund des Urteils des Verfassungsgerichtshofs NRW vor gut zwei Wochen. Das von CDU, SPD und Grünen im Kommunalwahlrecht eingeführte neue Sitzzuteilungsverfahren wurde für unzulässig erklärt. Unter anderem die FDP hatte dagegen geklagt. Als vier Fraktionen bringen wir nun gemeinsam diesen Gesetzesentwurf ein.
Das Urteil des Verfassungsgerichts ist mit 4 zu 3 Stimmen denkbar knapp ausgefallen - eine echte Seltenheit. Drei Richter verfassten sogar ein Sondervotum, in dem sie das neue Zuteilungsverfahren als verfassungsrechtlich unbedenklich bezeichnen und deutlich machen, dass damit eine recht hohe Erfolgswertgleichheit der Stimmen erreicht wird. Sie betonen die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers und verweisen dabei auf das Bundesverfassungsgericht.
Aber auch ein knappes Urteil ist ein Urteil, das wir respektieren. Gut ist, dass das Urteil frühzeitig vor der Kommunalwahl im September vorliegt. Die laufenden Vorbereitungen für die Kommunalwahlen sind davon zwar ohnehin nicht betroffen. Es bleibt nun aber auch genug Zeit, um die Regelungen für die nach dem Wahlgang anstehende Verteilung der Sitze in den kommunalen Gremien anzupassen und für Klarheit zu sorgen. Dafür stellen wir den Rechtszustand wieder her, der bis um 30. Juli 2024 Geltung hatte. Das Verfahren nach
Sainte-Laguë /Schepers findet Anwendung - wie bei der letzten Kommunalwahl.
Damit bleiben natürlich auch die Nachteile des bisherigen Verfahrens erhalten. CDU, SPD und Grünen ging es bei der Änderung darum, überproportionale Rundungsgewinne kleiner Parteien zu vermeiden. Im Sondervotum zum Urteil heißt es daher: (Zitiere…)„Unter anderem wurde anhand der Ergebnisse der Kommunalwahlen des Jahren 2020 nachvollziehbar dargelegt, dass in einer erheblichen Zahl von Fällen die Zuteilung eines Sitzes bei einem Idealanspruch von unter 0,75 erfolgte, und dass Erfolgswerte für einzelne Parteien oder Wählergruppen von bis zu 198% auftraten.“ (Ende Zitat).
Spüren werden das die ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker. Ohne Sperrklausel, Grundmandatsklausel oder ein Zählverfahren, das verhindert, dass Kleinstparteien bei der Sitzzuteilung überproportional vom Aufrunden profitieren, nimmt die Anzahl an kleinen Gruppen und Einzelstimmen zu. Daraus folgen schwierigere Mehrheitsverhältnisse und längere Sitzungen, das Potential für destruktive Kräfte steigt. Unsere kommunale Demokratie braucht aber Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, die ehrenamtlich ein Mandat übernehmen. Und die brauchen gute Arbeitsbedingungen, um das Mandat neben Beruf und Familie ausführen zu können. Das zeigt noch einmal, wie wichtig die Überarbeitung der kommunalverfassungsrechtlichen Vorschriften ist, die wie gerade im Kommunalausschuss beraten.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden zusammen mit der Wiederherstellung des alten Rechtszustands im Kommunalwahlgesetz auch die korrespondierenden Regelungen in der Kommunalwahlordnung angepasst.
Mit einem weiteren Beschluss zum Wählergruppentransparenzgesetz hat der Verfassungsgerichtshof die aktuelle Fassung des § 15a Absatz 1 des Kommunalwahlgesetzes für nichtig erklärt. Auch dies vollziehen wir mit dem gemeinsamen Gesetzentwurf nach und heben die Norm auf.
CDU, SPD, Grüne und FDP übernehmen mit diesem Gesetzentwurf parteiübergreifend Verantwortung dafür, dass unser Wahlrecht verfassungsfest ist. Unsere Demokratie lebt vom Vertrauen in faire Wahlverfahren. Dieses Vertrauen zu stärken und zu schützen ist unser gemeinsamer Auftrag.
Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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