„Katastrophenschutzgesetz hat Nagelprobe nicht bestanden“

11.03.2022
Thomas Schnelle zur Zeugenvernehmung im Untersuchungsausschuss V

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Hochwasserkatastrophe (PUA V) hat am heutigen Freitag NRW-Innenminister Herbert Reul als Zeugen vernommen. Dazu erklärt unser Sprecher im PUA V, Thomas Schnelle:

„Die Zeugenvernehmung hat viele Erkenntnisse der bisherigen Aufklärung im Untersuchungsausschuss und unsere Ziele für einen besseren Katastrophenschutz in der Zukunft bestätigt. Innenminister Herbert Reul hat umfassend und transparent geschildert, wie er die Flut-Tage erlebt hat. Proaktiv hat er offensichtliche Lücken bei einer Zusammenführung aller Faktoren einer Naturkatastrophe und einer zielgerichteten lokalen Warnung benannt und dargelegt, wie eng die operativen Kompetenzen des Landes gemäß dem 2016 unter der rot-grünen Vorgängerregierung verabschiedeten Gesetzes über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG) gefasst sind.

Die SPD kritisierte in der Sitzung das Land dafür, dass die Koordinierungsgruppe im Innenministerium zunächst in der Flutnacht selbst nur reagiert habe, wenn Kommunen sich mit Hilfsanfragen an sie wandten – genau so ist es im BHKG aber vorgesehen. Die Aufgaben, die das Land etwa bei der Organisation zusätzlicher Hubschrauber oder von Unterstützungskräften aus anderen Bundesländern hat, wurden den Erkenntnissen des Ministeriums zufolge wahrgenommen. Unsere Fraktion hatte sich im Beratungsverfahren des Gesetzes seinerzeit gemäß den Empfehlungen von Verbänden für eine stärkere operative Rolle des Landes eingesetzt – allerdings war dies von Rot-Grün nicht gewollt. Wir halten es nach wie vor für richtig, dass die Kommunen im Katastrophenschutz federführend sind, denn nah dran zu sein, ist für gute und schnelle Entscheidungen wichtig. Aber für überörtliche Lagen wie die Hochwasserkatastrophe und den Fall eines weitgehenden Zusammenbruchs der kommunalen Infrastruktur brauchen wir künftig die Möglichkeit, dass das Land operativ-taktisch eingreift und aktiv hilft. Der Minister hat es treffend zusammengefasst: Das Katastrophenschutzgesetz hatte seine Nagelprobe im Juli 2015 und hat versagt.

Der Innenminister hat ausführlich dargelegt, warum er und sein Staatssekretär die Entscheidung getroffen haben, die Lage in der Koordinierungsgruppe zu belassen, statt den Krisenstab des Landes zu aktivieren, in dem Staatssekretäre oder Abteilungsleiter aus Ressorts gesessen hätten, die mit der Katastrophe rein gar nichts zu tun hatten. Für uns stehen nicht Formalfragen im Fokus und auch nicht die Anzahl der Telefonate zwischen Innenminister und Ministerpräsident. Wir wollen wissen, ob Gemeinden, die einen Hubschrauber, Material oder mehr Einsatzkräfte anfordern wollten, Hilfe beim Land bekommen hat. Das war nach Aussage von Minister Reul der Fall. Und wir wollen wissen, ob unser System funktioniert. Das, da war der Innenminister heute sehr deutlich, tut es in einer so unvorstellbaren Katastrophe wie diesem Jahrtausendhochwasser eindeutig nicht. Und das müssen wir ändern – so schnell wie möglich.“

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