Katharina Gebauer zu TOP 13 "Aufbau von Muttermilchbanken, um die Gesundheit von Frühgeborenen durch nachhaltige Bereitstellung von Spender-Muttermilch sicherzustellen"

17.06.2021

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,


die Milch der Mutter eines zu früh geborenen Babys unterscheidet sich von der einer Mutter eines termingeborenen Kindes. In den ersten drei Wochen nach einer Frühgeburt ist die Muttermilch eiweiß- und fetthaltiger als herkömmliche Muttermilch.

Muttermilch schütz vor allem Frühgeborene besser als jedes Medikament vor gefährlichen Darmentzündungen und Infektionen. Sie enthält zahlreiche Nährstoffe und Antikörper, die für die Entwicklung von Babys, insbesondere von Frühgeborenen, lebenswichtig sind.

Frühgeborene und kranke Neugeborene profitieren ganz besonders von Muttermilch, denn sie wirkt entwicklungsfördernd und senkt das Risiko für Infektionen.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, wie wichtig Muttermilch für Frühgeborene ist.
Doch nicht jede Mutter ist in der Lage zu stillen. In Nordrhein-Westfalen betrifft dies jedes Jahr ca. 2000 Frühgeborene. In diesen Fällen, kann nur Spendermilch aus einer Muttermilchbank diese Funktion übernehmen.

In Deutschland gibt es zur Zeit 31 Frauenmilchbanken. In Nordrhein-Westfalen befinden sich mit Essen und Dortmund seit den letzten Jahren genau zwei Muttermilchbanken, eine dritte befindet sich im Klinikum Lippe im Aufbau. 1959 gab es noch 86 Muttermilchbanken. Die flächendeckende Versorgung mit Muttermilchbanken ist noch lange nicht ausreichend. Der Bedarf liegt weit über dem Angebot und nur ein kleiner Teil der Perinatalzentren hat Zugang zu gespendeter Muttermilch. Die meisten Frauenmilchbanken versorgen ausschließlich Patientinnen und Patienten der eigenen Klinik mit Spendermilch.

Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel geben:

Als 2015 in Dortmund die erste Muttermilchbank Nordrhein-Westfalens eröffnet wurde, hatte das Klinikum bis zu 20 Liter pro Jahr von einer Frauenmilchbank in Leipzig bezogen. Der Bedarf für die damals jährlich mehr als 120 Frühchen belief sich jedoch auf 80 – 100 Liter. Diese Lücke konnte bis zur Eröffnung der Muttermilchbank nur mit industriell verarbeiteter Milch geschlossen werden.

Die in Muttermilch enthaltenden Enzyme und Abwehrstoffe können bisher nicht synthetisch hergestellt werden. Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, dass wir dieses Problem erkannt haben und nun entschlossen angehen.


Folgende Maßnahmen müssen angegangen werden, um die aktuelle Situation für Kinder und Mütter zu verbessern:

1. Um die Überlebenschancen von frühgeborenen Kindern zu verbessern, müssen wir den Aufbau von Muttermilchbanken weiter aktiv unterstützen und vorantreiben.
2. Langfristig benötigen wir eine Vereinbarung mit dem Bund zur Finanzierung von Muttermilchbanken über die Systeme der Gesetzlichen Krankenversicherung
3. Eine Lösung muss her, für die Einordnung von Muttermilch im Lebensmittelrecht, die eine Verpflichtung zur Pasteurisierung vorsieht. Dies führt zu einer reduzierten Wirksamkeit der Muttermilch.
4. Wir benötigen dringend bundeseinheitliche und möglichst unbürokratische Ansätze zum Einsatz von Spendermilch.


Es ist daher nur zu begrüßen, dass die Landesregierung entsprechende Forschungsprojekte, wie das Innovationsprojekt NEO-Milk begleiten wird und dem Gesundheitsausschuss regelmäßig über die Forschungsergebnisse und die Implementierung von Milchbanken berichtet werden soll.


Werte Kolleginnen und Kollegen, die fehlende Muttermilch ist für die ca. 2.000 jährlichen Frühgeborenen in Nordrhein-Westfalen nicht durch Ersatzprodukte auszugleichen. Muttermilch ist essenziell für die Verhinderung von vital bedrohlichen Infektionen, wie beispielsweise akute Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes oder für die Prägung des Immunsystems und die kognitive Entwicklung.

Lassen Sie uns eine neue Infrastruktur aufbauen und für entsprechende Standards sorgen. Muttermilch ist für alle Neugeborenen die beste Nahrung.

Ich werbe daher um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.