Katharina Gebauer zu TOP 3 "Gender Health Gap: Geschlechtsspezifische Risiken bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen vertiefter erforschen und stärkeres gesellschaftliches Bewusstsein schaffen!"

05.06.2025

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,

bereits im letzten Plenum haben wir mit unserem Antrag zur Verbesserung der Frauengesundheit ein wichtiges Thema auf die Tagesordnung gebracht. Heute möchten wir konkreter werden und uns geschlechterspezifische Unterschiede in der Medizin, die oft zu schlechterer Versorgung und sogar zu lebensbedrohlichen Fehldiagnosen führen können, genauer anschauen. Dabei geht es nicht nur um Gerechtigkeit, sondern vor allem um die medizinische Qualität. Wir müssen sicherstellen, dass sowohl Frauen als auch Männer eine optimale, ihrem Geschlecht entsprechende Versorgung erhalten.

Leider ist die Realität oft eine andere: Die medizinische Forschung und Praxis orientieren sich noch immer überwiegend am männlichen Körper. Viele Medikamente werden vor allem an männlichen Probanden getestet, mit der Folge, dass Dosierungen nicht auf Frauen abgestimmt sind. Dies führt zu häufigeren und teils schwerwiegenderen Nebenwirkungen bei Frauen. Ein Beispiel sind Schlafmittel, diese bauen sich bei Frauen langsamer ab und wirkt dadurch länger– oft ohne, dass dies ausreichend in den Studien berücksichtigt wurde. Diese Lücke in der Forschung ist keine Kleinigkeit, sondern eine ernsthafte Gefahr für die Patientensicherheit und die Qualität der Versorgung.

Ein weiteres Problem sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Herzinfarkte gelten lange als typische Männerkrankheit. Doch Frauen sind keineswegs weniger betroffen. Im Gegenteil: Sie zeigen oft andere Symptome, die nicht so leicht erkannt werden, etwa Übelkeit, Rückenschmerzen oder Atemnot statt der bekannten starken Brustschmerzen. Diese Unterschiede führen dazu, dass Herzinfarkte bei Frauen oft später diagnostiziert und damit weniger effektiv behandelt werden. Die Folge: Frauen sterben an Herzinfarkten häufiger als Männer. Dies ist nicht nur tragisch, sondern vermeidbar – wenn wir geschlechterspezifische Forschung, Diagnose und Behandlung fördern.

Es ist erfreulich, dass mittlerweile erste wichtige Schritte unternommen wurden, etwa durch die EU-Verordnung zur Regulierung klinischer Studien. Doch es reicht nicht, allein die Rahmenbedingungen zu schaffen. Gerade vom Land geförderte Forschung muss geschlechterspezifische Aspekte zwingend berücksichtigen, um bestehende Datenlücken zu schließen und neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Neben der Forschung braucht es aber auch eine bessere Aufklärung – sowohl unter medizinischem Fachpersonal als auch in der Bevölkerung. Die AXA-Studie macht deutlich: Nur wenige Menschen haben vom Gender Health Gap gehört, und nur ein verschwindend geringer Anteil der Ärztinnen und Ärzte bezieht das Geschlecht konsequent in ihre Behandlung ein. Das zeigt deutlich, dass wir hier aktiv werden müssen. Eine solche Sensibilisierung darf nicht dem Zufall überlassen bleiben, sondern muss integraler Bestandteil des Gesundheitssystems sein.

Ein wichtiger Hebel ist die medizinische Ausbildung. Geschlechtersensible Medizin muss systematisch in die Lehrpläne integriert werden, damit zukünftige Ärztinnen und Ärzte bereits frühzeitig für diese Problematik sensibilisiert sind. Ebenso brauchen wir verpflichtende Fortbildungen für alle, die im Gesundheitswesen tätig sind. Nur so kann sichergestellt werden, dass geschlechtsspezifische Symptome erkannt und richtig behandelt werden. Dabei geht es nicht nur um Wissen, sondern auch um die Entwicklung eines Bewusstseins für die unterschiedlichen Bedürfnisse und Risikofaktoren der Patientinnen und Patienten.

Die vorgestellten Maßnahmen im Antrag sind deshalb dringend notwendig und sinnvoll. Sie greifen eine zentrale Problematik im Gesundheitswesen auf und bieten konkrete Lösungen: gezielte Förderung der Forschung, Sensibilisierung der medizinischen Fachkräfte und eine umfassende Aufklärung der Bevölkerung.
Wir müssen den Gender Health Gap als das erkennen, was er ist: eine strukturelle Benachteiligung, die Menschenleben kostet. Die Behebung dieser Ungleichheit ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch ein entscheidender Fortschritt für die Gesundheitsversorgung aller.

Ich möchte betonen: Wenn wir heute hier gemeinsam für diesen Antrag stimmen, setzen wir ein deutliches Zeichen, dass geschlechterspezifische Medizin kein Nischenthema mehr sein darf – sondern ein selbstverständlicher Bestandteil einer modernen und gerechten Gesundheitsversorgung sein muss.

Gemeinsam können wir einen wichtigen Schritt zur Gleichbehandlung in der Medizin gehen.