Katharina Gebauer zu TOP 6: "Gesetz zur Umsetzung der Akademisierung des Hebammenberufs in Nordrhein-Westfalen und zur Anpassung weiterer landesrechtlicher Regelungen"

26.01.2022

„Geburten gehen uns alle an! Es wird sich lohnen, das Niveau der Hebammenausbildung anzuheben.“


Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

im letzten Jahr wurden in Nordrhein-Westfalen etwa 174 400 Kinder geboren. Das ist die höchste Geburtenzahl in unserem Bundesland seit dem Jahr 2000 und zeigt zudem auch, dass wir familienpolitisch sehr gut da stehen. Durchschnittlich 98% aller Geburten unseres Landes finden in Kliniken statt.

All diese Kinder und auch deren Mütter sind bei der Geburt auf eine bestmögliche Versorgung angewiesen. Was bedeutet „bestmögliche Versorgung“?

Wir benötigen hierfür gut ausgebildete Hebammen, die ihren Beruf unter guten Arbeitsbedingungen ausüben können. Hebammen sind als Fachkräfte eine wichtige Säule unseres Gesundheitssystems, auf die wir angewiesen sind.
Mit der Umsetzung der Akademisierung des Hebammenberufs setzen wir nicht nur EU-Recht um, sondern gehen unseren Weg konsequent weiter! Schon 2019 hat die Landesregierung die Einrichtung von 300 Studienplätzen für die Hebammenheilkunde beschlossen.

Wir haben die Arbeitsbedingungen für Hebammen in den letzten Jahren signifikant verbessert.

• Wir haben eine Stärkung der klinischen geburtshilflichen Versorgung erreicht.
Im Laufe dieses Jahren werden in 20 weiteren Kliniken Hebammenkreißsäle eingerichtet werden. Wir haben hiermit eine Verdreifachung der Hebammenkreißsäle erreicht. Damit sind wir in Nordrhein-Westfalen, wie Minister Laumann erst vor zwei Wochen erklärt hat, bei hebammengeleiteten Kreißsälen bundesweit führend!

• Hebammenkreißsäle, dies hat das Forschungsprojekt des MAGS gezeigt, tragen als Versorgungsmodell auch zur Arbeitszufriedenheit der Hebammen bei.

• Wir steigern die Attraktivität der Hebammenausbildung. Durch die Akademisierung wird diese weiter zunehmen, das zeigen auch die Zahlen aus anderen Bundesländern. Eine positive Tendenz zeigt sich bereits jetzt. Für die Hebammen-Ausbildung an den Hochschulen sind bereits viele Bewerbungen eingegangen.
Zusätzlich ist es wichtig, dass durch die Vergütung des dualen Studiums finanzielle Anreize gesetzt werden, die den Bewerberinnen und Bewerbern finanzielle Sicherheit geben.

• Einen positiven Effekt wird auch die geplante Meldepflicht bringen. Diese hat es bisher nicht gegeben. Hier schaffen wir endlich Klarheit darüber, wie viele Hebammen es in Nordrhein-Westfalen überhaupt gibt.

Geburten gehen uns alle an! Es wird sich lohnen, das Niveau der Hebammenausbildung anzuheben. Gute Arbeitsbedingungen sind die besten Voraussetzungen für eine gute geburtshilfliche Versorgung.

Werte Kolleginnen und Kollegen der Opposition, gerne gehe ich auch auf Ihren Änderungsantrag ein.
Das Einsichts- und Betretungsrecht der Aufsichtsbehörden ist notwendig, da die Hebammen durch die Akademisierung aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst in Nordrhein-Westfalen fallen.
Selbstverständlich nehmen wir die Sorgen der Hebammen ernst, meine Damen und Herren! Daher wird das Betretungsrecht der Behörden durch die zusätzliche gesetzliche Klarstellung, dass außerhalb der üblichen Geschäftszeiten ein Betretungsrecht nur bei „Gefahr in Verzug“, also als Notstandsmaßnahme gestattet ist an strengere Anforderungen geknöpft, als bisher.
Auch die Rechte der Patientinnen, die Schweigepflicht und die Unverletzlichkeit der Wohnung werden natürlich beachtet.

Nun zum zweiten Punkt:
Die Neuregelung der Aufgaben der Hebamme umfasst alle Tätigkeiten der Berufsordnung der alten Fassung.
Die von Ihnen angeführte Änderung ist schon daher nicht notwendig, da die in der neuen Fassung geregelte Aufgabe „physiologisch verlaufende Geburten bei Schädellage durchzuführen“ auch die Ausführung der Tätigkeit des Scheidendammschnitts und das Vernähen der Wunde umfasst.
Die Ausrichtung der Berufsordnung nach Aufgaben ermöglicht in Zukunft ein höheres Maß an Flexibilität bei etwaigen Veränderungen einzelner Tätigkeiten durch z.B. neue wissenschaftliche Erkenntnisse.

Aus den Reihen der Hebammen habe ich in den letzten Wochen hohen Zuspruch für unseren Gesetzesentwurf erhalten. Wir können eine positive Bilanz aus den Beratungen und Anhörungen ziehen. Den Interessen und Erwartungen der betroffenen Hebammen Rechnung zu tragen, ist uns gut gelungen. Ich bin zuversichtlich, dass wir die richtigen Impulse setzen, um den Hebammenmangel zu bekämpfen.

Aus diesen Gründen lehnen wir Ihren Antrag ab, meine Damen und Herren.

Klar ist: An dem Beruf wird sich nichts ändern. Auch in Zukunft werden Frauen schwanger werden und Kinder bekommen. Auch in Zukunft werden diese Frauen auf eine gute Vor- und Nachsorge sowie eine gute Betreuung während der Geburt angewiesen sein.
Die Akademisierung der Ausbildung ist ein Qualitätssprung für diesen wichtigen Berufsstand.

Nicht nur gute Arbeitsbedingungen und die Bezahlung sind wichtige Faktoren in Bezug auf die Attraktivität des Hebammenberufs. Genauso wichtig ist die Wertschätzung.

Meine Damen und Herren, die Arbeit von Hebammen ist unverzichtbar. Unsere Gesellschaft braucht Hebammen und wir sind auf zusätzliche und qualifizierte Hebammen angewiesen. Es ist gut, dass wir in Nordrhein-Westfalen für gute Rahmenbedingungen gesorgt haben und wir werden auch weiterhin dafür sorgen, dass die Tätigkeit als Hebamme auch weiterhin ein attraktiver Beruf sein wird.

Ich danke Ihnen.