Krisenstab oder Koordinierungsgruppe – das Etikett spielt keine Rolle

17.01.2022
Thomas Schnelle zu Sachverständigen im PUA V

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen (PUA V) hat am heutigen Freitag neben dem Präsidenten des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz den Professor für Meteorologie, Dr. Joaquim Pinto, sowie den Professor für Öffentliches Recht, Dr. Dr. Markus Thiel, als Sachverständige gehört. Ihren Aussagen zufolge waren die genauen Orte der Niederschläge bei der Flutkatastrophe Mitte Juli erst zwei bis drei Stunden vorher vorhersehbar und nicht wie etwa von TV-Meteorologe Kachelmann behauptet schon Tage zuvor. Rechtsprofessor Dr. Thiel betonte, wie effizient die vom Land eingesetzte Koordinierungsgruppe bei der Bewältigung der Flut war und dass es keine Notwendigkeit zur Aktivierung eines formellen Krisenstabs gab. Dazu erklärt unser Sprecher im Untersuchungsausschuss, Thomas Schnelle:


„Die Aussagen von Fernsehmeteorologe Jörg Kachelmann sind inzwischen mehrfach widerlegt. Mit Dr. Joaquim Pinto widersprach heute erneut ein Sachverständiger dessen Behauptungen aus dem vergangenen Jahr und wies auf die Ungenauigkeiten hin, die es bei Wettervorhersagen immer gibt. Genaue Hotspots können demnach erst rund drei Stunden vor dem Ereignis vorhergesagt werden. So sei zwar schon zwei, drei Tage vor der Flut klar gewesen, dass bis zu 200 Liter Regen pro Quadratmeter fallen würden – eine exakte Lokalisierung und damit gezielten Maßnahmen vor Ort seien aber nicht möglich gewesen, es hätte auch 100 oder 200 Kilometer nördlich oder südlich passieren können. Deshalb müssen als eine Lehre aus der Flut die Vorhersage-Modelle weiter verfeinert werden, um auch sehr außergewöhnliche Ereignisse, die so nur alle 1000 Jahre geschehen, modellieren zu können. Das Innenministerium hatte am 13. Juli mit dem Hinweis auf die Extremunwetterwarnung der Stufe 4 durch die Einrichtung der Landeslage die zuständigen Katastrophenschutzbehörden in Alarmbereitschaft versetzt. Pinto brachte für den DWD ins Gespräch, künftig eine neue Warnstufe 5 einzurichten, um derartige Extremlagen von schweren Unwettern abzugrenzen.

Der Sachverständige Professor Dr. Dr. Markus Thiel gab dem Ausschuss einen Überblick über die einschlägigen Normen und Erlasse des Katastrophenschutzes des Landes Nordrhein-Westfalen. Demzufolge gibt es seitens des Landes keine Rechtspflicht zur Einberufung und Aktivierung eines Landeskrisenstabs. Die Landesregierung habe hier Ermessensspielraum. Es sei eine gute Idee gewesen, auf die Expertise und den Sachverstand der Koordinierungsgruppe zuzugreifen und bilanzierte: ‚Ob man nun das Etikett Krisenstab draufklebt oder nicht, spielt keine Rolle.‘

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