Marco Schmitz zu TOP 1 "Medikamentenversorgung für Kinder und Jugendliche kurzfristig sicherstellen"

03.05.2023

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

In den letzten Tagen hat sich problematischen Medikamentenversorgung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland erneut in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, als das Bundesgesundheitsministerium endlich offiziell einen Versorgungsmangel bei Antibiotika-haltigen Säften festgestellt hat.

Dies war ein längst überfälliger Schritt aus Sicht unserer Koalition, vom Land NRW schon mehrfach gefordert, und wird hoffentlich dazu beitragen, die Verfügbarkeit dieser Medikamente für Kinder zu verbessern.

Die Probleme bei der Medikamentenversorgung sind jedoch nicht neu und wurden in den letzten Jahren durch die Lieferkettenproblematik bereits verschärft. Die Coronapandemie hat diese Situation weiter verschlimmert und in den letzten Wochen erreichte die Problematik dann im negativen Sinne ihren Höhepunkt. Die Entscheidung aus dem Bundesgesundheitsministerium, die damit verbundene Medienberichterstattung und die nun ermöglichten Handlungsoptionen zur Eindämmung der Problematik haben uns dazu veranlasst, dies heute in einer aktuellen Stunde zu diskutieren.

Und ohne jetzt bereits die Rede der Kolleginnen und Kollegen der SPD gehört zu haben, ja, sie haben im Ausschuss bereits Anfragen gestellt und ja, wir haben das Thema dort bereits behandelt. Nur waren dem MAGS bisher die Hände gebunden, da der Versorgungsmangel bisher nicht von Berlin offiziell festgestellt wurde.

Neben der Entscheidung des Bundesgesundheitsministeriums hat aber auch der offene Brandbrief der Kinder- und Jugendärzte aus den letzten Tagen die Diskussion erneut angeheizt. Konkret fehlt es momentan an Fieber- und Schmerzmedikamenten in kindgerechter Darreichungsform. Auch Penicillin ist derzeit knapp. Eine Umfrage des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) zeigt, dass es in Deutschland zu einem Mangel an lebenswichtigen Medikamenten für Kinder und Jugendliche kommt. Die fehlenden Medikamente betreffen insbesondere Antibiotika und Fiebersäfte.

Durch den Mangel an Medikamenten können sich notwendige Behandlungen verzögern oder ganz ausbleiben, was für die Patienten lebensbedrohlich sein kann. Die Gründe für den Mangel an Medikamenten sind vielfältig. Neben Lieferengpässen und einem Preisdruck auf Hersteller gibt es auch ein Ungleichgewicht bei der Verteilung der Medikamente auf die einzelnen Bundesländer. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte fordert daher eine bessere Planung und Koordination der Medikamentenversorgung, um die Versorgung mit lebenswichtigen Medikamenten für Kinder und Jugendliche sicherzustellen.

Die Entscheidung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, die Einfuhrbestimmungen für bestimmte Antibiotika zu lockern, ist dafür ein richtiger Weg, auch wenn die Freigabe des Imports von Antibiotika aus dem europäischen Ausland zunächst bis zum 30. September 2023 befristet ist. Dies ist eine gute Nachricht für alle Eltern und Kinder, die in den letzten Wochen und Monaten unter dem Mangel an lebenswichtigen Medikamenten gelitten haben.

Wir als Koalition begrüßen die Maßnahme des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte ausdrücklich, sie ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Aber wir sind uns auch bewusst, dass sie nur ein erster Schritt auf einem langen Weg ist, um die Versorgung mit lebenswichtigen Medikamenten für Kinder und Jugendliche langfristig sicherzustellen. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) hat Recht, wenn er fordert, dass es einer besseren Planung und Koordination der Medikamentenversorgung bedarf, um eine dauerhafte Lösung zu erreichen.

Anrede

Ich selber bin Vater von einem Kita- und einem Grundschulkind und ich kann die Angst und auch die Wut der Menschen in unserem Land verstehen. In einem wohlhabenden und reichen Land wie Deutschland, mit einer erstklassigen gesundheitlichen Versorgung dürfen solche Probleme überhaupt nicht entstehen.

Wir haben eine hervorragende Spitzenmedizin und wir haben branchenführende forschende Pharmaunternehmen. Wir brauchen aber auch eine verlässliche medizinische Grundversorgung. Wer freitags nachts mit seinem Kind mit Ohrenschmerzen und Fieber in einer Notfallpraxis steht und froh ist, die richtige medizinische Versorgung und ein Rezept erhalten zu haben, darf nicht am Mangel der Medikamente scheitern. Ich will in Deutschland keine vor Schmerzen schreiende Kinder haben, nur weil ich kein passendes Medikament bekommen.

Als Gesundheitspolitiker habe ich einen anderen Anspruch an unser Gesundheitssystem und als Vater kann ich Ihnen sagen, dass auch die Eltern mit Ihren Kindern genauso mitleiden. Ich habe Verständnis dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger uns dies zum Vorwurf machen und daher müssen wir an der Problematik arbeiten.

Wie können wir sicherstellen, dass die Medikamentenversorgung für in Zukunft gewährleistet ist?

Ein erster Schritt wäre eine bessere Verteilung der Medikamente auf die einzelnen Bundesländer. Einige Bundesländer sind stärker von Lieferengpässen betroffen als andere. Hier müssen die beteiligten Akteure aktiv werden und für eine sinnvollerer Verteilung sorgen.

Ein weiterer wichtiger Schritt wäre, den Druck auf die Hersteller von Medikamenten zu verringern. Derzeit leiden viele Hersteller unter einem enormen Preisdruck, der dazu führt, dass sie nicht genügend Medikamente produzieren können, um die steigende Nachfrage zu decken. Hier muss der Bund eingreifen und für eine angemessene Entlohnung der Hersteller sorgen. Die Krankenkassen müssen auch die Bereitstellung und Produktion von Medikamenten mit einer geringen Gewinnmarge angemessen entlohnen. Mit dem Vorschlag auf Bundesebene die Bezahlung temporär anzupassen ist hier ein richtiger Schritt erfolgt.

Zudem muss die Rabattvertragsvergabe künftig bei allen versorgungsrelevanten Arzneimitteln einen europäischen Produktionsstandort als Kriterium für die Vergabe berücksichtigen und nicht nur bei Antibiotika, wie es im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehen ist.

Durch eine ausreichende Lagerhaltung versorgungsrelevanter Arzneimittel im Regelsystem soll sichergestellt werden, das Lieferengpässe nicht so schnell auf die Versorgung durchschlagen. Dies wird in einigen europäischen Ländern bereits gelebt und verhindert kurzfristigen Mangel.

Darüber hinaus müssen wir die Forschung und Entwicklung neuer Medikamente vorantreiben. Nur so können wir sicherstellen, dass wir in Zukunft genügend Medikamente haben, um die Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen zu schützen. Hier muss die Politik ebenfalls aktiv werden und für eine bessere Förderung von Forschung und Entwicklung sorgen.

Anrede

Ich bin mir bewusst, dass die Probleme bei der Medikamentenversorgung für Kinder und Jugendliche nicht von heute auf morgen gelöst werden können. Aber wir sind entschlossen, alles zu tun, um die Gesundheit unserer Kinder und Jugendlichen zu schützen.

Als Zukunftskoalition stehen wir an der Seite der Bürgerinnen und Bürgern um allen eine zeitnahe, sinnvolle und notwendige medizinische Versorgung mit Arzneimitteln zu gewährleiten. Das ist der Anspruch, den wir an unser Gesundheitssystem haben und gemeinsam mit den beteiligten Akteuren werden wir dies auch umsetzen.

Herzlichen Dank

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