
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir beraten heute in zweiter Lesung einen Gesetzentwurf, der eine zentrale Lehre aus der Corona-Pandemie aufgreift: Die Notwendigkeit, unseren Öffentlichen Gesundheitsdienst in Nordrhein-Westfalen strukturell, fachlich und organisatorisch besser aufzustellen.
Lehren aus der Pandemie ziehen
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben uns gezeigt: In gesundheitlichen Krisen brauchen wir einen handlungsfähigen Staat, mit klaren Zuständigkeiten, verbindlichen Kommunikationswegen und einer zentralen Koordinierung. Genau dafür schaffen wir mit der Errichtung des Landesamtes für Gesundheit und Arbeitsschutz jetzt die Grundlage.
Mit dem Landesamt entsteht eine neue Landesoberbehörde im Geschäftsbereich des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Sie übernimmt zentrale Aufgaben des bisherigen Landeszentrums Gesundheit sowie des Landesinstituts für Arbeitsschutz. Fachaufsicht, Beratung, Unterstützung künftig alles aus einer Hand.
Das ist kein Selbstzweck, sondern ein gezielter Schritt hin zu mehr Effizienz und Durchsetzungskraft, sowohl im Alltag als auch im Krisenfall.
Strukturelle Stärkung und Synergieeffekte
Das Ministerium selbst hat betont: Mit dieser Neuaufstellung wird eine wichtige Konsequenz aus der Aufgabenkritik gezogen. Wir bündeln Fachexpertise, vermeiden Doppelstrukturen und schaffen Synergien, die insbesondere der Arbeitsschutzverwaltung und dem ÖGD spürbar zugutekommen. Und nicht zuletzt: Wir geben den unteren Gesundheitsbehörden einen starken Partner an die Seite.
Dabei ist uns besonders wichtig: Die kommunalen Gesundheitsämter bleiben zentrale Akteure vor Ort. Sie kennen die Bedarfe ihrer Regionen am besten. Wir wollen nicht über ihre Köpfe hinweg entscheiden, sondern mit ihnen auf Augenhöhe arbeiten. Die Kommunen sind unsere wichtigen Partner in der öffentlichen Gesundheitsversorgung, und das neue Landesamt wird sie dort unterstützen, wo sie Unterstützung brauchen, fachlich, organisatorisch und im Krisenfall.
Das neue Landesamt soll nicht zentralistisch agieren, sondern koordinierend. Es geht nicht darum, dass das Landesgesundheitsamt es besser weiß als die Gesundheitsämter vor Ort, im Gegenteil: Die Kompetenz liegt weiterhin bei den Kommunen. Wir ermöglichen mit diesem Gesetz lediglich, dass in bestimmten Fällen überhaupt Weisungen möglich sind. Bislang war das nicht der Fall. Diese Möglichkeit dient einzig dem Schutz und der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger, dort, wo es nötig ist. Das Landesgesundheitsamt übernimmt nicht die Steuerung vor Ort, sondern stellt sicher, dass die Linien im ganzen Land klar sind und bei Bedarf unterstützend eingegriffen werden kann. Es bleibt Partner der kommunalen Gesundheitsämter, nicht Gegenüber, sondern auf Augenhöhe. Gerade in komplexen Lagen, wie bei Pandemien, bei der Eindämmung von Infektionskrankheiten oder auch bei Fragen des gesundheitlichen Bevölkerungsschutzes, ist es unverzichtbar, dass das Land in der Lage ist, landesweit einheitlich zu handeln.
Unterstützung für die kommunale Ebene
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir stärken mit diesem Gesetz nicht nur die Koordination. Wir stärken auch die Handlungsfähigkeit der kommunalen Ebene. Warum? Weil wir ihre Verlässlichkeit geben. Weil wir dafür sorgen, dass das Wissen und die Kompetenz auf Landesebene dort ankommen, wo sie gebraucht werden, bei den Gesundheitsämtern vor Ort.
Natürlich haben uns die Hinweise der Kommunalen Spitzenverbände erreicht. Die Sorge, dass mit der Umwandlung einiger Aufgaben zu Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung eine zu starke Einschränkung der kommunalen Selbstverwaltung drohen könnte, haben wir ernst genommen. Und wir haben reagiert. In enger Abstimmung zwischen CDU und Grünen haben wir gezielt Änderungen am Gesetzentwurf vorgenommen.
Darüber hinaus haben wir weitere wichtige Klarstellungen vorgenommen: Wir verankern die gesundheitliche Chancengleichheit ausdrücklich im Gesetz. Wir stellen klar, dass besonders vulnerable Gruppen, etwa Menschen ohne Krankenversicherungsschutz oder obdachlose Menschen, besonders zu berücksichtigen sind. Und wir haben die Möglichkeit eröffnet, künftig auch Patientenlotsinnen und -lotsen einzusetzen, ein wichtiger Baustein für bessere Versorgungskoordination und individuelle Unterstützung.
Ablehnung des Änderungsantrags von SPD und FDP
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
wir können den Änderungsantrag von SPD und FDP nicht mittragen. Der Antrag würde wesentliche Aufgabenbereiche, etwa die Prävention oder die Gesundheitsförderung, komplett aus der Weisungsbindung herausnehmen. Das mag auf den ersten Blick sympathisch klingen. Aber genau in diesen Bereichen brauchen wir die Möglichkeit zu landesweiter Koordination. Denn Infektionsschutz, Gesundheitsaufklärung oder auch die Vorbereitung auf Krisenlagen benötigen dort eine zentrale Steuerung, wo die Kommunen Unterstützung brauchen oder eine einheitliche Vorgehensweise zwingend erforderlich ist. Die Umsetzung vor Ort liegt weiterhin in der Verantwortung der kommunalen Gesundheitsämter, die ihre Kompetenz eigenverantwortlich einbringen.
Ein Gesetz für einen modernen, krisenfesten ÖGD
Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal betonen:
Mit diesem Gesetz gelingt uns ein entscheidender Schritt. Wir schaffen verlässliche Strukturen. Wir machen den Öffentlichen Gesundheitsdienst leistungsfähiger. Wir setzen zentrale Lehren aus der Pandemie um. Und wir bauen dabei bewusst auf die Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen.
Wir stellen den Gesundheitsschutz in Nordrhein-Westfalen auf ein neues Fundament, zukunftsfest, klar strukturiert und krisenresilient.
Ich bitte daher um Zustimmung zu dem Gesetz in der geänderten Fassung der regierungstragenden Fraktionen.
Vielen Dank.
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