Marco Schmitz zu TOP 5 "Ungeordnetes Krankenhaussterben verhindern – auskömmliche Refinanzierung hoher Kostensteigerungen der Krankenhäuser dauerhaft sicherstellen!"

20.09.2023

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

10.000 Menschen, medizinisches Fachpersonal, Pflegerinnen und Pfleger, Ärztinnen und Ärzte und weitere Angestellte der Krankenhäuser stehen heute vor dem Landtag, weil sie Angst haben. Angst, dass auch Ihr Krankenhaus Insolvenz anmelden muss. Angst, dass bei Ihnen bald keine Liquidität mehr vorhanden ist, Angst, dass Sie Ihren Job verlieren.

Diese Angst und die Situation der Krankenhäuser in der aktuellen wirtschaftlichen Situation haben dazu geführt, dass die NRW-Allianz für die Krankenhäuser zu Recht Alarm schlägt. Die wirtschaftliche Entwicklung der nordrhein-westfälischen Krankenhäuser wird von ihnen als eine tickende Zeitbombe betrachtet. Bereits acht Krankenhäuser in NRW mussten in diesem Jahr Insolvenz anmelden, weil ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nicht mehr möglich war.

Diese gefährliche Lage ist das Resultat einer anhaltenden Inflation, die die Kosten in die Höhe treibt, sowie der finanziell noch ungedeckten Tarifsteigerung in Höhe von etwa zehn Prozent, die für das Jahr 2024 geplant ist. Diese Doppelbelastung wirft einen düsteren Schatten auf die Krankenhäuser und bedroht sie in ihrer Existenz.

Die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen, zum Glück noch immer eine tragende Säule der Gesundheitsversorgung, stehen nun am Rande des Abgrunds. Die wirtschaftliche Lage in den meisten Einrichtungen ist nichts weniger als eine Tragödie. Massive Preissteigerungen in nahezu allen Bereichen, gepaart mit der brutalen Realität nicht refinanzierter Kostensteigerungen durch die Inflation, stellen die Krankenhäuser vor eine existenzielle Bedrohung. Diese Situation wollen wir als schwarz-grüne Zukunftskoalition in NRW nicht akzeptieren.

Anrede

Unter den gegenwärtigen Bedingungen der Krankenhausfinanzierung wird die schockierende Realität der steigenden Kosten vom Bundesgesundheitsminister einfach ignoriert. Dies führt dazu, dass das Damoklesschwert der Insolvenz über den Krankenhäusern schwebt, und zwar unabhängig von ihrer Trägerschaft. Es handelt sich um eine wahrhaft düstere Lage, die dringend eines dramatischen Handelns bedarf, um die Krankenhäuser vor einem unaufhaltsamen Niedergang zu bewahren und die dringend notwendige Krankenhausreform überhaupt noch eine Chance zu geben.

Wenn der Bundesgesundheitsminister jetzt nicht bald seine Verantwortung wahrnimmt und sich um die Betriebskostenfinanzierung der Krankenhäuser kümmert, wird es zu einem unkontrollierten Krankenhaussterben kommen. Die stark gestiegenen Betriebskosten müssen jetzt kompensiert werden, um Insolvenzen zu verhindern und den eiskalten Strukturwandel zu stoppen.

Die Zukunftskoalition von CDU und GRÜNEN fordern mit Nachdruck vom Bund, dass die dauerhafte Sicherstellung einer nachhaltigen und tragfähigen Finanzierung der Betriebskosten der Krankenhäuser oberste Priorität hat. Trotz der begrüßenswerten Reformpläne, im Hinblick auf angestrebte Verbesserung bei der Qualität und der Verlässlichkeit der Versorgung, ist es dringend erforderlich, sofortige Maßnahmen zur Sicherung der Liquidität der Krankenhäuser zu ergreifen.
Für die Länder besteht keine Möglichkeit, eine durch unzureichend oder verspätet abgebildete Kostensteigerung hervorgerufene Finanzierungslücke zu schließen und es ist auch nicht unsere Aufgabe. Die verfassungsrechtliche Zuständigkeit für die Betriebskostenfinanzierung liegt beim Bund und daher fordern wir von der Bundesregierung:

1.) Rechtlich sicherzustellen, dass eine einmalig rückwirkende Anpassung des Landesbasisfallwert für die Jahre 2022 und 2023 um jeweils 4% ermöglicht wird.
2.) Die grundlegende Überarbeitung des Orientierungswertes und des Veränderungswertes, um die zeitnahe Berücksichtigung der krankenhausspezifischen Kostensteigerungen im Landesbasisfallwert sicherzustellen. Dies erfordert eine Prüfung, ob zusätzliche prognostische Faktoren in die Berechnung einbezogen werden können und wie sich dies auf die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung auswirken würde. Nur so kann eine angemessene Finanzierung gewährleistet werden.

3.) die Finanzierung der geplanten Tarifsteigerungen ab dem Jahr 2024 sicherzustellen, indem das bestehende Berechnungssystem für Berufsgruppen, die nicht im Pflegebudget enthalten sind, entsprechend angepasst wird.

4.) Die Zahlungsfrist von Krankenhausrechnungen innerhalb von fünf Tagen zur Liquiditätssicherung rechtlich zu verankern.

Kurz möchte ich noch auf den Entschließungsantrag der SPD eingehen. Jahr für Jahr haben wir mit einem enormen finanziellen Mehraufwand Geld in die Investitionskosten der Krankenhäuser gesteckt. Gestartet sind wir 2017 bei Regierungsübernahme mit 250 Millionen pro Jahr und geben inzwischen 765 Millionen Euro für die Krankenhausfinanzierung aus. Hinzu kommen nochmal 2,5 Milliarden, allein für die Krankenhausreform. Wir sind es doch, die permanent für die Zukunftsfähig der Krankenhäuser kämpfen
Wenn der Bundesgesundheitsminister nicht bald die Betriebskostenfinanzierung regelt, dann gibt es keine Krankenhäuser in NRW mehr, in die das Land investieren kann. Sie provozieren, dass es zu einem unkontrollierten Krankenhaussterben kommt. Und zum Transparenzgesetz möchte ich Ihnen auch noch etwas sagen: Die Krankenhausplanung muss Ländersache bleiben! Die geplante Zuordnung der Krankenhäuser zu vom Bund festgelegten Versorgungsstufen („Leveln“) muss unterbleiben. Vielmehr sind es zunächst die Länder, die den Krankenhäusern Leistungsgruppen zuweisen.

Und noch ein letzter Punkt, der zeigt, dass Ihr Entschließungsantrag nur mit heißer Nadel gestrickt wurde und keinerlei Aktualität hat. Noch gestern hat die Regierung zugesagt, dass wir im Rahmender Haushaltsberatungen eine Überbrückungssoforthilfe 100 Millionen für die freien Träger zur Verfügung stellen. Dazu kommt eine Anpassung der KIBiz-Pauschale in Höhe von 550 Millionen Euro jährlich.

Und auch aus der Finanzierung der Sprachkitas sind sie rausgegangen. Hier fordern Sie permanent, im Bund steigen Sie aber aus der Finanzierung raus und schmeißen es uns vor die Füße. Auch hier übernimmt das Land 38 Millionen, die eigentlich vom Bund hätten finanziert werden müssen. Das ist ihr Verständnis von Staatsverantwortung.

In der Opposition kann man immer schön Freibier und Sonnenschein fordern, hier eine Milliarde, da eine Milliarde, und so weiter. Wir machen aber Politik mit Verantwortung für die Zukunft. So einen Mut hätte ich mir auch mal von Ihrem Bundesgesundheitsminister gewünscht. Dan hätten wir heute weder die Debatte hier, noch hätten wir 10.000 Bürgerinnen und Bürger, die heute vor dem Landtag um Ihre Zukunft kämpfen müssten.

Herzlichen Dank

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