
Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
die AfD hat mal wieder einen Antrag vorgelegt, der sich liest wie eine Mischung aus Alarmismus und Scheindebatte. Eine angeblich „tickende Zeitbombe Sozialversicherung“, die – so der Antrag – nur durch Eingreifen des Landes Nordrhein-Westfalen entschärft werden könne. Ich sage Ihnen: Das Thema ist uns in der CDU-Landtagsfraktion sehr bewusst. Es ist nicht neu – und es ist vor allem nicht so einfach, wie Sie es sich machen.
Es steht außer Frage: Die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung stehen vor großen Herausforderungen – demografischer Wandel, medizinischer Fortschritt, zunehmende Ausgaben für gesellschaftliche Aufgaben. Das alles ist bekannt. Aber daraus jetzt die Forderung abzuleiten, das Land NRW müsse Landesfonds, Zuschüsse oder eigene Gremien zur Krankenkassensteuerung aufbauen, greift nicht nur zu kurz – es zeigt auch, dass Ihnen offenbar die föderale Ordnung unserer Bundesrepublik fremd ist.
Denn was Sie verschweigen: Die gesetzliche Krankenversicherung ist und bleibt eine gesamtstaatliche Aufgabe. Für Struktur, Finanzierung und Ausgestaltung ist in erster Linie der Bund zuständig. Nordrhein-Westfalen kann hier punktuell Impulse setzen – und das tut es auch seit Jahren –, aber wir sind keine Parallelregierung zum Bundesgesundheitsministerium.
Und dass der Reformbedarf erkannt ist, sieht man übrigens auch in der aktuellen politischen Diskussion auf Bundesebene. Unser nordrhein-westfälischer Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat dazu klare Vorstellungen eingebracht. Er fordert nicht weniger als eine echte Pflegereform – inklusive einer verlässlichen Steuerfinanzierung für gesamtgesellschaftliche Leistungen und einem Umbau der sozialen Pflegeversicherung, hin zu mehr Generationengerechtigkeit und Planbarkeit.
Was Sie also hier als „Weckruf“ verkaufen wollen, ist längst in der politischen Diskussion – und das nicht durch die AfD, sondern durch sachkundige Beiträge aus den Reihen der CDU. Wir brauchen keinen Antrag der AfD, um zu wissen, dass gehandelt werden muss. Wir tun das längst – fundiert und verfassungsrechtlich tragfähig.
Und genau deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.
Ihre Forderung nach einem Landesfonds zur Stützung der ambulanten Versorgung in unterversorgten Regionen? – Das ist längst Gegenstand der Landespolitik. Über Programme wie die Förderung von Medizinischen Versorgungszentren, der Ausbau von Studienplätzen im Bereich Medizin und Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Hausärztinnen und -ärzte arbeiten wir daran, Versorgungslücken zu schließen.
Ihre Idee eines Landeszuschusses zur Abfederung steigender Beiträge? – Klingt sozial, ist aber nichts anderes als ein offenes Scheunentor für die finanzielle Überforderung der Länderhaushalte. Wir können die Beitragspolitik der Krankenkassen nicht durch Landesmittel steuern. Das wäre ein klarer Systembruch.
Und wenn Sie schließlich vorschlagen, ein eigenes Gremium zur „regelmäßigen Analyse der Krankenkassenfinanzen“ auf Landesebene zu schaffen, dann frage ich mich: Wollen Sie wirklich, dass wir als Landtag eine Parallelinstitution zu Bundesbehörden oder zur Gemeinsamen Selbstverwaltung aufbauen?
Das ist nicht nur praxisfern, das ist schlicht überflüssig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
lassen Sie uns bei aller berechtigten Sorge um die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme eines nicht vergessen: Die gesetzliche Pflegeversicherung und die gesetzliche Krankenversicherung gehören zu den größten sozialpolitischen Errungenschaften unseres Landes.
Wer, wie die AfD, versucht, mit Übertreibungen und föderalismusfernen Vorschlägen Angst zu machen, hilft niemandem.
Stattdessen sollten wir die laufende Diskussion auf Bundesebene konstruktiv begleiten – mit der Expertise unserer Landesregierung, mit den Erfahrungen aus der Praxis in Nordrhein-Westfalen und mit dem klaren Ziel, die Systeme generationengerecht, nachhaltig und solidarisch weiterzuentwickeln.
Kurzum: Wir brauchen keinen Auftrag von Ihnen. Wir wissen um die Herausforderungen. Wir handeln – mit Augenmaß, Verantwortung und Verstand.
Vielen Dank.
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