NRW muss das Land der fairen und guten Arbeit bleiben!

30.06.2017

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben Sie, Kolleginnen und Kollegen der SPD, eigentlich mal darüber nachgedacht, warum Sie abgewählt worden sind? Es ist ein „starkes Stück Realitätsverweigerung“ zu meinen, die abgewählte rot-grüne Landesregierung hätte dafür gesorgt, dass Nordrhein-Westfalen das Land der „fairen und guten Arbeit“ sei und dass das auch so zu bleiben habe. Warum sollten wir eigentlich eine Politik fortführen, derentwegen Sie abgewählt wurden? Es ist völlig unbestritten, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen gestiegen und die Zahl der Arbeitslosen tendenziell gesunken ist. Das ist aber doch nicht Ihr Verdienst. Das ist im gesamten Bundesgebiet so. Und Sie sind offenbar nicht bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass bei aller positiven Entwicklung des Arbeitsmarktes generell, Nordrhein-Westfalen in zahlreichen Bereichen Schlusslicht ist. Im Bund hatten wir im Jahr 2009 eine Arbeitslosenquote von 8,1 %. Seitdem hat es eine ganz konstante Entwicklung gegeben bis zu einer Quote von 6,1 % in 2016. Für den gleichen Zeitraum lässt sich für Nordrhein-Westfalen keine konstante und nachhaltige Abnahme der Arbeitslosenquote feststellen. Entgegen der positiven Entwicklung im Bund pendelt bei uns die Quote immer um die 8 % und nur für 2016 können wir einen Wert von 7,7 % feststellen. Besonders die Situation der Langzeitarbeitslosen ist aussagekräftig. Seit Jahren ist die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Nordrhein-Westfalen konstant und betrug im Juni 2017 rund 300.000. Das entspricht einer Quote von 42 %. Der Bundesdurchschnitt hingegen beträgt 36 %. Das unterdurchschnittliche Ergebnis für Nordrhein-Westfalen loben Sie, aber wir wollen das besser machen! Zum sozialen Arbeitsmarkt. Sie blenden aus, dass es Ihnen im Rahmen Ihrer Arbeitsmarktpolitik in den vergangenen Jahren nicht gelungen ist, die Zahl der Langzeitarbeitslosen zu senken, trotz der guten Konjunktur und trotz der positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Und trotz der Maßnahmen, die im Wesentlichen aus ESF-Mittel finanziert wurden. Unser Ziel ist eine Beschäftigung für möglichst viele langzeitarbeitslose Menschen auf dem Ersten Arbeitsmarkt. Dabei haben wir auch diejenigen im Blick, die kaum eine Chance auf Beschäftigung haben. Die Schwierigkeiten bei der Vermittlung liegen häufig darin, dass es sich um Un- oder Angelernte und Menschen ohne Berufsabschluss handelt. Wir müssen schon in der Schulzeit ansetzen, denn viel zu viele Schülerinnen und Schüler verlassen unsere Schulen ohne einen Abschluss. Qualifizierungsmaßnahmen müssen wir flexibler denken und zum Beispiel in Form von Teilqualifizierungen oder Modulausbildungen anbieten. Und es muss auch das Ziel sein, Menschen niederschwellig den notwendigen Qualifikationserwerb in eine Beschäftigung zu ermöglichen, zum Beispiel durch Praktika. 24.000 junge Menschen in Nordrhein-Westfalen finden jährlich keinen Ausbildungsplatz. Und mit 64,3 % haben wir den niedrigsten Anteil erfolgreicher Absolventen von Berufsfachschulen, Fachoberschulen und Fachschulen aller Bundesländer. Das geht so nicht weiter! Wir wollen im Besonderen die Zahl der langzeitarbeitslosen jungen Menschen reduzieren und bedarfsgerecht ins Arbeitsleben integrieren und wo notwendig, Qualifikationen nachholen. Hier müssen wir auch Instrumente aus der Arbeitsmarktpolitik, der Schulsozialarbeit und der Jugendhilfe zusammenführen. Arbeitsmarkt und Soziales greifen ineinander. Könnten wir in Nordrhein-Westfalen von fairer und guter Arbeit sprechen, dann hätten wir nicht den stärksten Anstieg aller Bundesländer bei der Armutsgefährdungsquote zu verzeichnen. Und dann hätten wir auch nicht die höchste Kinderarmutsquote aller westdeutschen Flächenländer (23,6 %) mit der höchsten Steigerungsrate aller Länder von 2010 bis 2014 (+ 12 %). Es ist tragisch, dass die frühere Landesregierung keine tragfähigen Konzepte zu bieten hatte und sich strukturelle Probleme und Armut in unserem Land verfestigen konnten.   Die Teilhabe am Ersten Arbeitsmarkt ist eine zentrale Gerechtigkeitsfrage. Wer in Arbeit ist, sich fortlaufen qualifiziert, kann vorankommen und aufsteigen. Dies zu erreichen ist eine Querschnittsaufgabe. Wir wollen die Unternehmen im Land unterstützen, ausreichend Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen und gemeinsam mit allen Akteuren am Arbeitsmarkt die Chancen nutzen, um Menschen in Arbeit zu bringen. Wir werden die Menschen im Blick haben, die durch Bildung, Qualifizierung und Weiterbildung eine Chance erhalten müssen auf dem ersten Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen. Wir werden dabei auch diejenigen im Blick haben, die nur geringe oder keine Chancen haben, sich auf dem Arbeitsmarkt zu etablieren. Das ist eine Frage von sozialer Gerechtigkeit! Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Es gilt das gesprochene Wort!

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