Peter Preuss zu TOP 1 „Bericht der Landesregierung zum aktuellen Stand zur Ausbreitung des Coronavirus“

11.03.2020

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

dem Bericht von Minister Laumann zur aktuellen Lage ist nichts hinzuzufügen.

Zunächst möchte ich im Namen der CDU-Landtagsfraktion dem Minister, seinem Staatssekretär und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums für den enormen Einsatz und ihr umsichtiges Handeln danken. Unser Dank gilt besonders auch den Ärztinnen und Ärzten, den Pflegekräften sowie allen Menschen, die sich für die Patientinnen und Patienten einsetzen und daran mitarbeiten, das Coronavirus einzudämmen. Sie leisten unter Hochdruck eine hervorragende Arbeit und dafür möchten wir ihnen ausdrücklich unseren Dank aussprechen. 
 
Ein eindeutiges Krisenmanagement mit geeigneten und angemessenen Maßnahmen ist wichtig und notwendig, damit erstens die Ausbreitung des Virus eingedämmt und verlangsamt werden kann und vor allem das Vertrauen der Menschen in das Gesundheitssystem bestehen bleibt. Die gute medizinische Versorgung ist dabei selbstverständlich gewährleistet. Um eben genau dieses Vertrauen zu behalten, ist es jetzt sicher nicht der geeignete Zeitpunkt, um etwa Strukturdebatten zu führen. Die damit verbundenen Veränderungsmechanismen führen zu einem Vertrauensverlust.

Es ist deshalb notwendig, Infektionsketten zu unterbrechen. Dazu gehört es, Quarantäne schon dann anzuordnen, wenn es Kontakt mit einem Infizierten gegeben hat, ohne dass es zu Symptomen gekommen ist. Denn auch ein Negativattest ist noch kein sicherer Beleg dafür, dass man während der Inkubationszeit doch noch krank wird. 

Das bedeutet, dass sämtliche ordnungsrechtlichen und medizinischen  Maßnahmen nach Lage der Dinge und auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes und der Richtlinien des Robert-Koch-Instituts flexibel entschieden und angepasst werden müssen.

Dieser Aufgabe kommen unsere zuständigen Behörden, nämlich die Ministerien, die Gesundheitsämter und die Ordnungsbehörden seit Auftreten des ersten Corona-Falls in verantwortungsvoller Weise nach.

Es ist nunmehr per Erlass geregelt, dass Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Besuchern grundsätzlich abgesagt werden müssen. Damit ist Rechtssicherheit für 53 Gesundheitsämter im Land hergestellt. Der Städtetag NRW wird den Kommunen hierzu konkrete Handlungsempfehlungen an die Hand geben. Bei kleineren Veranstaltungen entscheiden weiterhin die Polizeibehörden vor Ort über die Verhängung einer Quarantäne, den Verzicht auf Veranstaltungen und dergleichen. Diese Maßnahme bezieht sich auf Veranstaltungen, die man nicht notwendigerweise besuchen muss, sondern freiwillig besucht.  

Die Corona-Situation stellt uns alle vor große Herausforderungen.
Denn
• die enorme Ausbreitungsgeschwindigkeit (exponentielle) des Virus,
• die Anfälligkeit für Infektionen in einer globalisierten Welt,
• das zum Teil panische-hysterische, aber auch gelassene, vielleicht sogar unbekümmerte Verhalten der Menschen,
• das bewusst oder unbewusst rücksichtslose Verhalten mancher Zeitgenossen,
• sowie Hamsterkäufe/Diebstähle von Desinfektionsmittel oder zehnmaliges Schniefen in dasselbe Taschentuch

zwingen

- zu mehr Aufklärung,
- zu Eigenverantwortung,
- zu Solidarität und Verantwortung gegenüber anderen, insbesondere erkrankten und immungeschwächten Menschen,
- aber eben auch zu staatlichem Handeln, das wir so noch nicht gekannt haben. Die Eignung, Angemessenheit und die Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen und Zuständigkeiten müssen neu definiert werden.

Die steigende Zahl von Corona-Infektionen führt uns vor Augen, dass wir Menschen schon immer in der Geschichte der Menschheit  – erst recht im Zeitalter der Globalisierung - anfällig für Infektionskrankheiten waren und sind - Pest, Schweinegrippe, Asiatische Grippe, Hongkong-Grippe, SARS, jetzt Corona sind hierfür einige Beispiele. Immer wieder müssen sich die Menschen, die Medizinwissenschaft und die Arzneimittelforschung darauf einstellen und sie werden sich auch in Zukunft mit mutierten Viren und neuen bisher nicht dagewesenen Infektionen auseinandersetzen müssen.     

Das dies so ist, bedeutet keinen Mangel staatlichen Handelns, sondern ist in der Natur der Sache begründet. Ordnungspolitische Instrumente oder Handlungen können die Ausbreitung von Viren verlangsamen, aber letztendlich nicht gänzlich verhindern. Es kommt darauf an, Zeit zu gewinnen, um die bereits erkrankten Patienten optimal zu behandeln und der Wissenschaft die Zeit zu geben, Impfstoff und Medikamente zu entwickeln.  

Die Corona-Situation hat das Bewusstsein dafür geschärft, wie man sich selbst und andere schützen kann durch Hygienemaßnahmen, Kontaktvermeidung oder durch einen Verzicht auf Teilnahme an Großveranstaltungen. Im Falle einer Ansteckung sollte man sich so verhalten, wie man es bei einer normalen Influenza auch tun würde: Zuhause bleiben, Bettruhe halten, Kontakte vermeiden und nicht zur Schule oder zur Arbeit gehen, um niemanden anzustecken.

Die Corona-Situation wird im Übrigen die Arbeitswelt verändern, aber auch Veränderungsprozesse vorantreiben.

Wir werden dann über die Rahmenbedingungen sprechen müssen. (Lohnfortzahlung nicht erst bei Erkrankung, sondern schon im Verdachtsfall/wer kümmert sich um die Kinder, wenn die Kitas oder Schulen geschlossen werden müssen).

Ich denke an die Digitalisierung am Arbeitsplatz (Homeoffice), an den Gesundheitsbereich (Telemedizin) oder den elektronischen Austausch von Gesundheitsdaten, an den schulischen Bereich. Der digitale Fortschritt wird uns helfen, die gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Folgen einer Epidemie abmildern zu können. 

Diese Diskussionen werden wir noch zu führen haben.
Für heute gilt:
Die Behörden reagieren richtig. Und unser Gesundheitssystem ist auch in der aktuellen Situation gut aufgestellt und genießt unser Vertrauen.


Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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