Peter Preuß zu TOP 1: "Schnelles Impfen, konsequente Regeln, wirksamer Schutz vulnerabler Gruppen - so gehen wir gegen die vierte Welle vor"

24.11.2021


Sehr geehrte Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Psychologisch betrachtet, erhöht sich mit steigenden
Infektionszahlen das Risikobewusstsein jedes einzelnen
Menschen. Er verhält sich aus eigenem Interesse
verantwortungsbewusst und vorsichtig, er will aber auch
wissen, wie sich andere verhalten, was also allgemein gilt. Er
wartet auf Orientierung, die einerseits auf Wissenschaft
basiert, andererseits aber auch politisch begründet ist, weil
jeder aus seinem Blickwinkel, aus seinen persönlichen
Lebensverhältnissen heraus einen unterschiedlichen Blick
auf das hat, was erforderlich ist, um eine Virusinfektion zu
vermeiden, bzw. Maßnahmen für mehr oder weniger
erforderlich hält. Gleichzeitig wartet er auf eine „Verordnung“

in der Erwartung, dass sie für alle gilt, und damit „für alle
gleiche Bedingungen“ schafft. Er erwartet nicht den Zwang,
sondern den Rahmen, in dem er sich bewegen kann.
Anordnungen, Äußerungen und Botschaften, die das Risiko
verharmlosen nach dem Motto, „es ist doch nicht so schlimm“
führen zu einer Verminderung des Risikobewusstsein und
damit letztlich zu verminderter Vorsicht und geringerer
Akzeptanz der Maßnahmen.
Selbstverständlich haben wir eine epidemische Lage von
nationaler Tragweite. Daher ist die Botschaft, dass die
epidemische Lage von nationaler Bedeutung nicht mehr
bestehe, in tatsächlicher Hinsicht natürlich falsch. Die Lage
hat sich doch vorhersehbar verschlechtert. Es ist wenig
hilfreich, das zu diskutieren. Wir haben jetzt eine andere
Rechtsgrundlage. Bemerkenswert ist in diesem
Zusammenhang lediglich, dass Bündnis90/Die Grünen die
epidemische Lage in Berlin für die Zeit ab Morgen
abschaffen, sie aber in NRW nun über § 28a IFSG wieder
erklären wollen.
Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich die
Rechtsgrundlage geändert hat. Das ist jetzt der Rahmen, in
dem die Landesregierung zu handeln hat. Und es ist klar,
dass trotz Änderung der Rechtsgrundlagen Maßnahmen
möglich sind. Es geht also heute nicht um die
Rechtsgrundlage, sondern um die Maßnahmen, die
wirkungsvoll, vertretbar, angemessen und
verhältnismäßig sind. Genau in diesem Rahmen handelt die
Landesregierung.

Wenn man genau hinschaut, wollen die Grünen mit dem
Eilantrag nun doch erreichen, dass die Landesregierung die
Schließung von Betrieben, Freizeiteinrichtungen und/oder
die Untersagung von Veranstaltungen anordnen kann, was
nach dem InfSG nur unter ganz bestimmten, engen
Bedingungen möglich, im Übrigen ausgeschlossen sein
sollte. Ein Gesetz, das heute (!!!!) in Kraft tritt.
Es liegt in der Natur des Menschen, entspricht zudem
unserem Menschenbild, dass der Mensch in Freiheit sein
Leben eigenverantwortlich gestalten und führen will. Und er
erwartet, dass auch andere dies genauso wollen, und
entsprechend verantwortungsvoll handeln. Das alles ohne
staatliche Gängelung.
Das ist keine philosophische Betrachtung, sondern
lebensnahe Wirklichkeit. Der Mensch will sich nicht zuhause
einmauern, er will raus, auf den Weihnachtsmärkten
Glühwein genießen, ins Kino, Kulturveranstaltungen
besuchen, ins Restaurant, mit Kollegen, Freunden und
Familie Weihnachtsfeiern abhalten. Jugendliche wollen ihre
Jugend erleben, sich versammeln, Party machen.
Dass sie dabei ein Risiko eingehen, darauf weisen Virologen
zu Recht hin. Sie selbst glauben aber, vorsichtig zu sein und
mit dem Risiko verantwortungsvoll umgehen zu können.
Politik MUSS daher abwägen. Sie darf das Risiko im
Interesse Aller nicht unterschätzen, muss aber den
Freiheitswillen und die Eigenverantwortung respektieren und
berücksichtigen, dass viele Menschen schon geimpft sind.
Es gibt Menschen, denen die Maßnahmen nicht weit genug
gehen, und solche, die die Maßnahmen für übertrieben

halten, und natürlich auch solche, die mit großem Aufwand,
die Maßnahmen umsetzen sollen: Arbeitgeber,
Restaurantbesitzer, Einzelhändler, Deutsche-Bahn-
Kontrolleure und ÖPNV etc.
Es geht immer darum abzuwägen, welche Maßnahmen nicht
nur die richtigen und wirkungsvollen sind, sondern auch
umsetzbar sind. Sie müssen getreu unserer Verfassung,
angemessen und verhältnismäßig sein.
Im Übrigen können gemäß § 28a Abs. 7 zahlreiche
Maßnahmen auch ohne Feststellung der pandemischen
Lage angeordnet werden, wenn es notwendig und
erforderlich ist. Darunter fallen beispielsweise das
Abstandsgebot im öffentlichen Raum, die Anordnung von
Kontaktbeschränkungen im privaten sowie im öffentlichen
Raum oder die Verpflichtung zum Tragen einer
Atemschutzmaske oder einer medizinischen Gesichtsmaske.
Von dieser Regelung macht die Landesregierung Gebrauch.
Zu den Handlungsoptionen gehört eben auch die
Unterscheidung zwischen Geimpften und Nichtgeimpften.
Wer sich hat impfen lassen, kommt in besonderer Weise
seiner Verantwortung sich selber und der Gesellschaft
gegenüber nach. Er kann sich zwar anstecken, er kann auch
das Virus weitergeben. Aber klar ist auch, dass durch die
Impfung die Wahrscheinlichkeit einer schweren Erkrankung
deutlich verringert. Für über ungeimpfte 60-Jährige ist die
Wahrscheinlichkeit wegen Corona ins Krankenhaus zu
müssen, 7 mal höher als für Geimpfte. Im Übrigen hängt das
Infektionsrisiko mit zumeist leichten Symptomen von der
Viruslast ab, die Impfung kann also sogar die Infektion
verhindern. Warum sollten also Geimpfte nicht zu einem

„normalen Leben“ zurückkehren können, wenn sie ihren
Impfstatus nach der 2G-Regel nachweisen können?
Warum sollen sie nicht unter dieser kleinen Einschränkung
am normalen Leben teilnehmen können, nur weil sich andere
nicht impfen lassen?
Wir wollen keine Bestrafung von Geimpftem, sondern ihnen
Freiheiten wiederzurückgeben. Anders als von einigen
Parteien gefordert, setzen wir nicht wahllos mögliche
Maßnahmen in Kraft, sondern führen sie ab heute
zielgerichtet ein.
In der Coronaschutz-Verordnung ist genau festgelegt wo
welche Nachweise zukünftig nötig sein werden.
- In nicht freizeitbezogenen Einrichtungen und bei
entsprechenden Veranstaltungen bleibt es bei der
bisherigen 3G-Regel, wobei sie auf weitere Bereiche
ausgedehnt wird. So für die kontaktlose Ausleihe und
Rückgabe von Medien in Bibliotheken, Beerdigungen,
Versammlungen in Innenräumen und Messen und
Kongressen.
- Die Maßnahmen sollen vor allem im Freizeitbereich das
ansteigende Infektionsgeschehen eindämmen, indem
dort 2G -Regelungen eingeführt werden. Darunter fallen
Veranstaltungen und Einrichtungen im Kultur-, Sport-
und Freizeitbereich, wie Zoos, Museen,
Schwimmbädern, die der gemeinsamen Sportausübung
oder Kantinen.
In einigen Bereichen wird weitergehend

- 2G-plus notwendig sein. In Einrichtungen mit hohem
Infektionsgeschehen, wie Clubs, Diskotheken,
Tanzveranstaltungen, Karnevalsfeiern und
vergleichbaren Brauchtumsveranstaltungen, ist der
Zutritt nur noch mit einem zusätzlichen negativen
Testnachweis erlaubt.
Dieser darf nicht älter als 24 Stunden (Schnelltest) bzw.
48 Stunden sein (PCR-Test). Der vermehrte Einsatz von
Tests ist ein richtiger Schritt, um die Testung der
Bevölkerung engmaschiger und damit sicher
auszugestalten.
Wir müssen die Impfmöglichkeiten deutlich ausweiten.
Nachdem die Impfzentren leider zum 30.9. ausgelaufen sind,
da Herr Scholz sich als Bundesfinanzminister geweigert hat,
weiter Bundesgelder für deren Betrieb zur Verfügung zu
stellen und die Nachfrage nach Terminen gering war, hat sich
seine Einschätzung zum Glück inzwischen geändert. Bis zum
31. Mai 2022 werden Impfzentren und über die Länder
organisierte Impfmöglichkeiten erneut vom Bund finanziert.
Unser Land hat bereits in und mit den Kreisen und kreisfreien
Städten für zahlreiche Impfmöglichkeiten gesorgt, dazu
kommen die Hausärzte. Diese Angebote gilt es jetzt massiv
auszubauen. So kann die erhöhte Nachfrage durch
Neuimpfungen, Auffrischungsimpfungen und bald
Kinderimpfungen bewältigt werden. Da die STIKO für
Boosterimpfungen einen Korridor von fünf bis sechs Monaten
nach der letzten Impfung empfiehlt, hoffe ich das der Abstand
von den Ärzten flexibel gehandhabt wird und niemand
weggeschickt wird, weil er sich ein paar Tage zu früh impfen
lassen möchte. Jede Impfung zählt! Morgen treten die
Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien

zusammen, um über die Möglichkeiten der Ausweitung der
Impfmöglichkeiten zu beraten.
Die Impfpflicht ist ein sensibles Thema. Die
Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder
haben gemeinsam mit der Bundeskanzlerin Bereiche
festgelegt, in denen eine solche Pflicht eingeführt werden
soll. Ich verstehe daher die Anfrage der SPD nicht, welche
Gruppen davon betroffen seien. Es soll sich um ZITAT „alle
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Krankenhäusern und
Einrichtungen der Eingliederungshilfe sowie in Alten- und
Pflegeheimen und bei mobilen Pflegediensten bei Kontakt zu
vulnerablen Personen“ ZITAT ENDE handeln. Auch ist dies
keine Ländersache sondern wird vom Bund geregelt, sodass
von der zukünftigen Ampelkoalition genauere Informationen
zu liefern sind, wie die Umsetzung erfolgen wird.
Die Regelungen der Coronaschutzverordnung sollen unter
ZITAT „Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit“
ZITAT ENDE den Schutz der Bevölkerung sicherstellen. Die
vorgestellten und eben angekündigten Maßnahmen
entsprechen diesem Abwägungsprozess. Sie zeigen, dass
die Landesregierung handlungsfähig ist und ihre
Verantwortung gegenüber den Menschen wahrnimmt. Die
Kommunikation ist klar. Sie ist auch deutlich darin, was
passiert, wenn die Hospitalisierungsinzidenz in NRW steigt
bzw. fällt.
Die Landesregierung nimmt im Rahmen der durch das
IFSChG ermöglichten Maßnahmen ihre Verantwortung war
und ordnet diejenigen Maßnahmen an, die auf dieser
Rechtsgrundlage möglich sind. Dem stimmen wir zu.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!

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