
Sehr geehrter Herr Präsident,
verehrte Kolleginnen und Kollegen,
vielen Dank für die Unterrichtung über die Landesinitiative zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit.
Dass wir nun ein umfassendes Handlungskonzept gegen Wohnungslosigkeit vorliegen haben, ist ein weiterer sozialpolitischer Baustein, den die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen aus CDU und FDP gemeinsam setzen und somit ihrer sozialpolitischen Verantwortung nachkommen.
Die Zahl der wohnungslos gemeldeten Menschen hat in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Jahren zugenommen:
von 2015/2016 um 15 %
und in 2016/2017 um fast 29 %
auf mehr als 32.000 Menschen (Stichtag 30.06.2017).
Ein Viertel davon sind Frauen und auch der Anteil der jungen Menschen unter 18 Jahren ist gestiegen.
Besondere Bedeutung kommt auch dem Anteil von Menschen mit einem Migrationshintergrund zu.
Obdach- oder Wohnungslosigkeit ist kein Verwaltungsvorgang. Es sind Einzelschicksale, die dazu führen, dass jemand kein Zuhause, kein Dach über dem Kopf und seine vertraute Umgebung verloren hat. Bestenfalls lebt sie oder er in einer Notunterkunft, oder schlimmer noch, auf der Straße.
Einer unserer Schwerpunkte in dieser Legislaturperiode ist aufgrund der alarmierenden Sozialberichterstattung der Kampf gegen Armut. Wohnungslosigkeit ist auch eine Folge von Armut.
Aus diesem Grund wurden bereits die Mittel für sozialpolitische Maßnahmen und den Kampf gegen Armut für das laufende Haushaltsjahr deutlich erhöht um 3 Mio. Euro auf 8.120.000 Euro.
Da wohnungslose Menschen häufig unter gesundheitlichen Problemen leiden und der Zugang zu medizinischer Versorgung eingeschränkt ist, gab es im vergangenen Jahr ein Sonderprogramm in Höhe von 850.000 Euro für eine bessere medizinische Versorgung.
Im letzten Winter stellte das Ministerium erstmals Mittel in Höhe von 100.000 Euro für Kältehilfen zur Verfügung. Diese Maßnahme wird jetzt im Rahmen des vorliegenden Handlungskonzepts verstetigt.
Die Gründe, die zu Obdach – und Wohnungslosigkeit führen, sind vielschichtig. Herr Minister Laumann hat sie genannt. Der Gedanke, diese Menschen seien an ihrer Situation selbst schuld, oder sie wollten es gar so, ist falsch. Es sind häufig finanzielle Probleme, es sind prekäre familiäre Verhältnisse, zum Beispiel Gewalt in der Familie, die das Verlassen der häuslichen Umgebung erforderlich machen, es sind Erkrankungen, auch Suchterkrankungen, die den Menschen bei der Bewältigung seiner Lebensverhältnisse überfordern.
Dabei ist Wohnungsverlust durchaus vermeidbar, wenn Hilfe frühzeitig einsetzt.
Es fehlt oft an Wissen darum, was zu tun ist. In der Krise, in der sich die Betroffenen befinden, macht sich lethargische, vielleicht hoffnungslose, depressive Handlungsunfähigkeit breit. Hier muss Hilfe ansetzen.
Es ist richtig, dass eine Handlungsvereinbarung mit der Wohnungswirtschaft getroffen worden ist. Denn es sind häufig Mietschulden, die zur Kündigung des Mietverhältnisses und in der Folge zur Räumung der Wohnung führen. Mietschulden können aber gegebenenfalls mithilfe des Sozialamtes oder des Wohnungsamtes einer Gemeinde ausgeglichen werden mit der Folge, dass die Kündigung unwirksam wird. Dazu ist es aber erforderlich, dass die Wohnungsämter und Jobcenter frühzeitig von der Kündigung erfahren und Hilfe sofort einsetzt.
Wie sinnvoll vorbeugende Maßnahmen sind, zeigt sich in Düsseldorf. Gemäß eines Presseartikels vom Anfang vergangenen Jahres ist die Zahl der Zwangsräumungen auf niedrigem Niveau im Vergleich mit anderen Großstädten und rund 50 Prozent der Wohnungsnotfälle konnten vor Einreichen einer Räumungsklage erreicht werden.
Aus meiner eigenen anwaltlichen Praxis kann ich sagen, dass ich sehr häufig mit Räumungsklagen befasst war. Die Anzahl der Räumungsklagen wurde schlagartig verringert, als Wohnungsunternehmen aus eigenem Interesse dazu übergegangen sind, einen Sozialarbeiter einzustellen, der sich um die Fälle kümmert und dafür sorgt, dass zum Beispiel durch Ratenzahlungsvereinbarungen und Schuldnerberatung die Mietschulden beglichen werden konnten. Ein Blick in die Geschäftsberichte der Wohnungsunternehmen belegt das.
Notwendig sind niederschwellige und aufsuchende Angebote, die sensibel der Tatsache gerecht werden, dass manch einer sich schwer tut mit dem Gedanken Hilfe anzunehmen oder zum Beispiel im Winter in eine Notunterkunft zu gehen. Diese Menschen dürfen nicht mit dem Gedanken „Selbst schuld.“ alleine gelassen werden.
Das Konzept „Endlich ein ZUHAUSE“ bündelt die zahlreichen Aspekte von Obdach- und Wohnungslosigkeit und bietet damit die Möglichkeit zielgruppenspezifischer Lösungsansätze.
Die übergeordneten Ziele sind:
• Die Wohnungssicherung – Prävention steht an erster Stelle.
Wir brauchen ein Frühwarnsystem, das auf einer guten Vernetzung aller beteiligten Stellen basiert.
• Die Wohnungsbeschaffung – es braucht Wohnungen speziell für die Versorgung wohnungsloser Menschen.
• Und die alltägliche Lebenssituation der betroffenen Menschen müssen wir verbessern.
Das vorliegende Konzept ist praxisorientiert. Gesundheitliche und psychische Probleme, Suchterkrankungen oder Schwierigkeiten der Existenzsicherung bei den Betroffenen finden ebenso Beachtung wie zum Beispiel das Thema Wohnen und die Unterstützung der Kommunen. Praxisnah sind Maßnahmen wie Kooperationsvereinbarungen mit der Wohnungswirtschaft bis hin zur Kältehilfe.
Mit diesem Konzept wird die Basis dafür geschaffen, der Entwick-lung der vergangenen Jahre endlich effektiv entgegen zu treten.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
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