Peter Preuss zu TOP 2: „Hohe Infektionszahlen in Schlachthöfen – Ursachen der rasanten Verbreitung untersuchen, Arbeitsbedingungen und Hygienekonzepte überprüfen“

24.06.2020

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

die Fakten, die uns in diesen Tagen noch einmal deutlich vor Augen geführt wurden, zeigen, dass die Corona-Pandemie noch lange nicht vorbei ist. Die Herkunft des Virus ist ungeklärt. Medikamente und Impfstoffe gibt es nicht. Jeder ist aufgerufen, das Mögliche zu tun, um Infektionen zu vermeiden. 

Das, was wir wissen, ist kein Politikum und völlig außer Streit:

Überall dort, wo Menschen zusammenkommen, kann es zu Infektionen kommen, ob in einem Betrieb am Arbeitsplatz, in der Kantine, im Restaurant, auf dem Obst- und Gemüsemarkt, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder auch bei normalen Begegnungen unter Freunden, selbst im häuslichen Umfeld. Das Virus verbreitet sich in einer bisher nie gekannten Schnelligkeit und führt bei vielen zu schweren Erkrankungen. Hinter jedem noch so moderaten Anstieg der Infektionszahlen stehen Menschen, die sich infiziert haben, unter Umständen schwer erkranken oder sogar sterben.

Deshalb ist es richtig, dass die Landesregierung schnell reagiert hat, und in der ersten Pandemiephase einen flächendeckenden Lockdown verfügt hat. Sie hat damit das Gesundheitssystem gestärkt, Versorgungskapazitäten aufgebaut bzw. gefördert und damit ganz wesentlich dazu beigetragen, dass die Infektionszahlen sich vergleichsweise in einem moderaten Rahmen bewegen.

Dabei ist aber auch klar, dass ein Lockdown mit erheblichen Einschränkungen der persönlichen und beruflichen Freiheit verbunden ist. Es gibt auch viele Menschen, die diese Einschränkungen in dem vorgesehenen Umfang gar nicht akzeptieren, deswegen sogar auf die Straße gehen, um ihren Unmut demonstrativ zum Ausdruck zu bringen.

Deshalb muss ein Lockdown immer auch im Lichte der Verfassung gesehen werden. Wie weit darf der Staat gehen? Und deshalb ist es auch richtig gewesen, die Einschränkungen zu lockern, dort wo es vertretbar war und ist. Wenn ich ein Infektionsgeschehen lokalisieren kann (Karneval/Ischl) müssen Veranstaltungen dieser Art verboten bleiben, dort wo ich z.B. in einem Restaurant oder im Einzelhandelsgeschäft Abstände einhalten kann und im Übrigen auch eine Maskenpflicht gilt, können drastischere Einschränkungen, wie z.B. Betriebsverbote, unverhältnismäßig sein, wenn das Risiko eingrenzbar oder gering ist. Im Übrigen trauen wir unserer Bevölkerung eigenverantwortliches Verhalten zu, und müssen das sogar.  

Da wir im Falle des Kreises Gütersloh und Warendorf ein Infektionsgeschehen feststellen, dass bisher klar lokalisierbar einem Unternehmen zuzuordnen ist, ist es schließlich richtig, dass die Landesregierung nun einen lokalbegrenzten Lockdown verfügt hat, der – zur Erinnerung - auch schon in der vorherigen Woche bestanden hat. Kindertagesstätten und Schulen wurden schon in der vergangenen Woche geschlossen.

Der Lockdown schafft jetzt die Möglichkeit, in den nächsten Tagen zu klären, wie es zu diesem Ausbruchsgeschehen gekommen ist, um ein komplettes Lagebild zu bekommen und ggf. weitere Maßnahmen zu ergreifen.

Das aktuelle Ausbruchsgeschehen im Schlachtbetrieb wirft Fragen auf und die  müssen auch geklärt werden.

Wir setzen darauf, dass durch genaue Analysen auf der Basis wissenschaftlich fundierter Untersuchungen geklärt wird, warum bei Testungen im Mai 2020 bei dem hier betroffenen Unternehmen Infektionen nur vereinzelt festgestellt worden sind, aber schon im Juni ein massenhafter Ausbruch mit über 1500 Infizierten.

Es ist zu klären, ob es an den

- Arbeitsbedingungen liegt, weil Menschen auf engstem Raum arbeiten und in Unterkünften zusammenleben, ohne Abstände einhalten zu können? Dafür spricht vieles.
- Sind es die klimatischen Verhältnisse in einem Fleischbetrieb (Kältebereich)? Dafür spricht einiges.
- Sind die geforderten Hygienekonzepte ausreichend?
- Sind sie im Unternehmen überhaupt umgesetzt worden?
- Welche betriebsorganisatorischen Kontrollmechanismen gab es in dem Unternehmen, um die Einhaltung sicherzustellen?

Abgesehen von der Klärung der aufgeworfenen Fragen, geht es nun darum , die Infektionsketten zu erkennen, zu unterbrechen und den Übersprung des Virus von einem klar lokalisierbaren Ereignisses auf andere Lebensbereiche möglichst zu verhindern und den betroffenen die notwendige medizinische Hilfe zu geben.

Deshalb ist es richtig, Querschnitts-Testungen durchzuführen, Quarantäne anzuordnen und diese zu kontrollieren, die Menschen aufzuklären und ihnen zu sagen, was nun zu tun ist.

Unsere Landesregierung hat konsequent gehandelt und einen regionalen Lockdown verhängt, um die Situation unter Kontrolle zu bringen.

Die Bekämpfung des Corona-Virus verlangt unser aller Anstrengungen und eignet sich deshalb nicht für parteipolitischen Streit.

Wer behauptet, der Lockdown wäre nicht nötig gewesen, muss erklären, wie er es denn gemacht hätte – a la Trump oder Bolzonaro?

Wem die Maßnahmen nicht weit genug gehen, muss den Menschen vor Ort erklären, welche Einschränkungen er den Bürgern denn noch zumuten möchte.  


Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

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