
Sehr geehrte/r Frau/Herr Präsident/in,
Werte Kolleginnen und Kollegen,
Als ich den vorliegenden Antrag gelesen habe, habe ich mir vorgestellt, wie das abgelaufen sein könnte bei der AfD. Da ist sicher ein eifriger Referent total motiviert aus der Sommerpause gekommen und ins Büro der Abgeordneten Seli-Zacharias geeilt und hat gesagt:
„Hey – ich hab da wieder ne Idee für nen Antrag im Plenum. Das Thema hatten wir zwar schon zwei Mal in den letzten Plenarwochen, aber komischerweise haben die anderen Fraktionen den Anträgen auf Einrichtung eines PUA nicht zugestimmt… Lass uns nochmal probieren mit einem Antrag zu dem Thema zu punkten. Der hat war mit Rechtstaatlichkeit nichts zu tun, aber das interessiert uns ja sonst auch nicht“. Antwort: „Super, machen wir so!“
So oder so ähnlich muss es doch gewesen sein.
Doch wir, meine Damen und Herren, machen hier Politik auf Grundlage von Fakten – nicht auf Basis von Zeitungsartikeln. Und genau da liegt der entscheidende Unterschied.
Presseberichterstattung und journalistische Recherchen sind wichtig, sie können Missstände aufdecken. Medien übernehmen eine wichtige wachende Funktion in unserer Demokratie.
Es ist aber in unserem Rechtsstaat die Aufgabe von Staatsanwaltschaften und Gerichten, den Wahrheitsgehalt von Vorwürfen zu prüfen, Beweise zu sichern und Schuld oder Unschuld im strafrechtlichen Sinne festzustellen. Es ist nicht die Aufgabe eines Parlaments, sich zum Richter aufzuschwingen und das ist auch keine Aufgabe der Landesregierung.
Unsere Verfassung sieht eine klare Trennung der Gewalten vor – und die AfD täte gut daran, diese Grundregel unserer Demokratie zu respektieren. Sie hat sich sehr bewährt.
Ich sage Ihnen: die unabhängige Justiz arbeitet bereits – und das wissen Sie auch. Sie zitierten ja selbst in ihrer Antragsbegründung zu Ermittlungsergebnissen der Staatsanwaltschaft.
Damit wir uns hier nicht missverstehen sage ich ganz deutlich: Hier stehen schwerwiegende Vorwürfe im Raum, die selbstverständlich lückenlos aufgeklärt werden müssen. Nichts soll unter den Tisch gekehrt werden. Alles muss ans Licht, was jetzt noch im Dunkeln liegt.
Und was auch klar ist: Sollten Amts- und Mandatsträgern oder Beamten und Verwaltungsmitarbeitern Straftaten nachgewiesen werden, dann muss das Konsequenzen haben – und da nehme ich auch Funktionsträger meiner Partei nicht aus. Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich.
ABER: erst Ermittlungen, dann – bei einem begründeten Verdacht eine Anklage, ein Prozess und ein Urteil. Bis dahin gilt die Unschuldsvermutung.
Auch die Forderung nach unverzüglichen disziplinarischen Maßnahmen zeigt, wie wenig der AfD an rechtsstaatlichen Verfahren liegt. Unschuldsvermutung? Beamtenrecht? Für die AfD offenbar lästige Details.
Meine Damen und Herren,
Im Beschlussteil beschwört ausgerechnet die AfD die Gefahr des weiteren Vertrauensverlustes in den Rechtsstaat. Ausgerechnet die AfD.
Ja – das Vertrauen ist in Gefahr und bei vielen Bürgerinnen und Bürgern schon nicht mehr vorhanden. Es ist ohnehin schon nicht leicht das Vertrauen zurückzugewinnen.
Genauso ein Antrag wie der vorliegende Antrag trägt zu diesem Vertrauensverlust bei, weil die AfD wider besseren Wissens den Eindruck erwecken will, dass hier etwas vertuscht werden soll.
Ich kann mir schon vorstellen, was nach der Debatte passiert. Der fleißige Referent ärgert sich, dass wir den AfD-Antrag schon wieder abgelehnt haben, und nimmt sich vor, die Zeitungen jetzt noch genauer zu lesen. Schließlich haben wir Mitte Oktober schon die nächste Plenarwoche.
Wir lehnen den Antrag ab.
Vielen Dank.
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