Tom Brüntrup zu TOP 2 „Aus der Pandemie lernen: Kindertagesstätten, allgemeinbildende Schulen im Primar- und Sekundarbereich sowie Förderschulen in Nordrhein-Westfalen zur kritischen Infrastruktur entwickeln und den nächsten Herbst vorbereiten!“

09.03.2023

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Damen und Herren,

lassen Sie mich im Vorfeld festhalten, dass es in unser aller Interesse ist, unsere Schulen und Kindertagesstätten krisensicher aufzustellen. Die Schulschließungen und Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie haben sowohl Kindern, Eltern als auch den Bildungseinrichtungen viel abverlangt. Dennoch haben es die vielen engagierten Beteiligten geschafft, die Krise zu bewältigen und innovative Lösungen zu finden. Aus diesen Erfahrungen gilt es für uns als Politik zu lernen und Vorkehrungen für einen erfolgreichen Schulalltag und eine reibungslose Kinderbetreuung im Ernstfall zu schaffen. In der Zielsetzung sind wir uns entsprechend weitestgehend einig. Was uns unterscheidet, ist der Weg dorthin.

Was in Zeiten von Krisen, Kriegen und Fachkräftemangel nicht hilft,  ist Symbolpolitik. Eine Symbolpolitik wie sie der Antrag der SPD und insbesondere dessen Überschrift beinhaltet. So sollen Kindertagesstätten und Schulen zur kritischen Infrastruktur weiterentwickelt werden. Kritische Infrastruktur – ein Begriff aus dem Bereich des Bevölkerungsschutzes, der in diesen Zeiten an Bedeutung und öffentlicher Aufmerksamkeit gewonnen hat.  

Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich die Begriffsbezeichnung des Bundesamtes für Sicherheit und Informationstechnik: Danach sind „Kritische Infrastrukturen  (…) Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.“

Wenn man die Definition hört, ist sie aus gutem Grund Sektoren wie bspw. Energie, Gesundheit, Wasser, Ernährung und IT vorbehalten. Sie bestimmt im Rahmen des Bevölkerungsschutzes jene Bereiche, die im Krisenfall prioritär zu schützen sind, weil mit ihrem Ausfall erhebliche Bedrohungen für die öffentliche Sicherheit verbunden sind, oder andere dramatische Folgen eintreten könnten.

Wir sind uns einig, dass Schulen und Kitas eine zentrale gesellschaftliche Rolle spielen und diese ihren Bildungsauftrag zu jeder Zeit wahrnehmen können müssen. Eine Betreuung der Kinder ist zudem zwingend erforderlich, wenn andernfalls die Eltern in systemrelevanten Berufen nicht zur Verfügung stehen würden.  Ob jedoch die öffentliche Sicherheit gefährdet ist, wenn die Einrichtungen schließen müssen und ob der Vergleich mit tatsächlich kritischen Infrastrukturen angemessen ist, ist fraglich. So haben sich auch die Kommunalen Spitzenverbände in der Anhörung negativ zur Ausweitung des Begriffs der Kritischen Infrastruktur geäußert. Unter anderem, da die Ausweisung als „Kritische Infrastruktur“ weitreichende Konsequenzen im Krisenfall hat, um eine konturenlose Ausdehnung der Begrifflichkeit zu vermeiden und um eine nicht zu erfüllende Erwartungshaltung der Bevölkerung nicht zu wecken.

Meine Damen und Herren, wie Sie sehen, gilt es mit dem Begriff der kritischen Infrastruktur behutsam umzugehen. Entsprechend sollten wir die Resilienz unserer Schulen und Kindertageseinrichtungen nicht begrifflich, sondern fach- und bedarfsgerecht stärken. Dazu gehört vor allem die Fachkräfteoffensive der Landesregierung fortzuführen, um den Fachkraft-Kind-Schlüssel in der Kinderbetreuung wieder zu verbessern und um das vorhandene Personal in der jetzigen Zeit, aber auch gerade in den Krisensituationen, zu entlasten. Und ja wir wissen, dass die Fachkräfteoffensive erst mittelfristig seine Wirkung zeigen wird. Aber Fachkräfte zu gewinnen und auszubilden ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Daran würde auch eine technische Begriffsbezeichnung nichts ändern.

Wir befinden uns entsprechend auf einem guten Weg, unsere Schulen und Kindertagesstätten zu stärken und die vorhandenen Fachkräfte zu unterstützen. Ein auch außerhalb von Krisenzeiten gut ausgestattetes System hilft uns dabei mehr, als jede Begrifflichkeit und jeder Krisenplan. Denn nichts funktioniert ohne die Fachkräfte die diese umsetzen müssten und die sich jeden Tag um unsere Kinder kümmern.

Wir folgen entsprechend der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule und Bildung und lehnen den Antrag ab.

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