Katharina Gebauer zu "Flächendeckendes Abwasser-Monitoring auf SARS-CoV-2 ausbauen – wenn der Bund seine Förderung ausweitet, muss auch das Land weitere Standorte fördern"

31.08.2022

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Seit Langem ist bekannt, dass sich das Coronavirus im Abwasser nachweisen lässt. Eine Testung als Poolverfahren wird an vielen Standorten weltweit eingesetzt. Die Überwachung des Abwassers auf das Coronavirus kann wertvolle Daten im Kampf gegen die Pandemie liefern, da sie unabhängig von der Anzahl der Schnellteste bzw. der PCR-Teste erhoben werden. Es lässt sich also festhalten, dass abwasserbasierte Epidemiologie wichtig ist.

Trotzdem kommt der Antrag nicht zum richtigen Zeitpunkt. In Deutschland laufen momentan mehrere Forschungsprojekte, bei denen der Nachweis von Coronaviren im Abwasser verfolgt wird. Es handelt sich dabei allerdings um noch laufende Projekte. Allein die drei vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützten Projekte laufen bis März bzw. April nächsten Jahres. Das nationale Pilotprojekt „Systematische Überwachung von SARS-CoV-2 im Abwasser“ unter Beteiligung des Robert Koch-Instituts ist erst im Februar dieses Jahres gestartet und wird im Frühjahr 2023 evaluiert. Die genannten Projekte zeigen, dass noch keine wissenschaftlichen Auswertungen zu Testverfahren und deren Umsetzung vorliegen. Trotzdem werden verschiedene Verfahren bereits in vielen Städten in unserem Bundesland angewandt. Es gibt in Nordrhein-Westfalen ungefähr 25 bis 30 Pilotprojekte in unterschiedlichen Kommunen. Ein gewisser Überblick ist somit auch jetzt schon möglich.

Anhand einiger Beispiele möchte ich deutlich machen, dass die Verfahren leider noch nicht ausgereift sind. So variieren die Aussagen zum zeitlichen Vorlauf mit den RKI-Kurven. Während die Berliner Wasserbetriebe von sieben Tagen sprechen, gibt die Stadt Köln den Vorlauf mit vier bis zehn Tagen an. Geklärt werden muss auch, wie sich bisher für einzelne Abwasserwerke entwickelte Verfahren und Auswertungen auf größere Regionen ausweiten lassen. Ein weiterer Punkt, der hoffentlich durch die Forschungsprojekte beantwortet wird, ist, wie sich diese Verfahren und Auswertungen standardisieren lassen. Das ist nämlich bisher nicht geschehen. Die Einflüsse von Regen, Überschwemmungen, Industriebetrieben, Krankenhäusern oder einer Vielzahl von auswärtigen Gästen müssen bestimmt werden und in die Berechnungen einfließen. Durch diese externen Einflüsse auf das Kanalsystem ist der Nachweis von Coronaviren im Abwasser derzeit schwierig, wie das Bundesministerium für Bildung und Forschung selbst schreibt. Die Nachweismethoden von Coronaviren im Abwasser seien noch nicht ausgereift. Es ist ebenfalls nicht möglich, den Anteil der Virusvarianten in der Bevölkerung zu bestimmen. Dazu ist die ausgeschiedene Menge an Viren pro Infiziertem zu unterschiedlich. Zudem müssen verschiedene Entwässerungssysteme beachtet werden. Dazu kommen die Art der Probenentnahme, deren Aufbereitung und die Analyse.

Mit meiner Aufzählung habe ich hoffentlich deutlich gemacht, dass das Heranziehen der Abwasserproben noch zu unsicher ist, um damit Entscheidungen der Politik zu begründen. Der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, fordert daher, dass das COVID-19-Schutzgesetz um einen klaren Kriterienkatalog ergänzt wird. Der bloße Verweis auf Abwasseranalysen reicht hier nicht aus. Die flächendeckende Einführung hilft dabei, Daten zu sammeln. Aber ohne standardisierte Verfahren sind Vergleiche nicht möglich. Gerade das nationale Pilotprojekt kann Standards für die Zukunft etablieren. Die Überprüfung des Abwassers muss dann nicht nur auf Coronaviren beschränkt bleiben. Heutzutage wird bereits auf Polioviren oder Drogen getestet. Mit etablierten und ausgereiften Strukturen und Verfahren kann auf verschiedene gesundheitsrelevante Stoffe getestet werden. Ob und wie dies möglich ist, ist Teil des Projekts. Sobald es und die weiteren momentan laufenden Projekte im ersten Quartal des nächsten Jahres abschlossen sind und Erkenntnisse vorliegen, können weitere Vorgehensweisen bestimmt werden. Dazu ist es aber noch zu früh. Daher ist der Antrag abzulehnen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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